25.03.2021, Berlin: Ralph Brinkhaus (CDU), Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, spricht im Bundestag nach der Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Corona-Pandemie. (dpa)
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Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hat am Montag an den Bundestag appelliert, möglichst schnell über die sogenannte „Notbremse“ im Infektionsschutzgesetz zu entscheiden. Die Befürworter der geplanten Reform wollen im Eilverfahren die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes zur Pandemiebekämpfung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ausweiten.

So würde das Vorhaben die Anordnung bundeseinheitlicher Maßnahmen für Corona-Hochinzidenzregionen ermöglichen, ohne dass die Länder diesen zustimmen müssten. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten in den vergangenen Wochen mehrere Spitzenpolitiker der Koalitionsparteien einen solchen Schritt gefordert. Kritiker befürchten hingegen eine Aushöhlung des föderalistischen Prinzips.

Brinkhaus teilt diese Bedenken nicht. Er mahnt vielmehr eine zügige Entscheidungsfindung an: „Lasst uns das diese Woche abschließen. Wie dann im Einzelnen abgestimmt wird, ob man dafür oder dagegen ist, das ist eine andere Frage, aber bitte keine Verfahrensverzögerung“, sagte er am Montagmorgen im ARD-„Morgenmagazin“.

„Alle Argumente liegen seit Monaten auf dem Tisch, alle Maßnahmen sind bewertet“, sagte der CDU-Politiker und betonte, dass es dringend notwendig sei, „dass diese Notbremse jetzt gezogen wird“.

Eine Zustimmung des Bundesrats hält Brinkhaus nach eigenen Angaben nicht für erforderlich. Die Umsetzung bundesweit einheitlicher Regelungen dieser Art sei im Wege eines sogenannten Einspruchsgesetzes möglich. Die Länder könnten im Fall von Einwänden immer noch Einspruch erheben oder den Vermittlungsausschuss anrufen.

„Es ist kein Gesetz, so wie wir es vorhaben, wo der Bundesrat auch zustimmen muss“, erklärte der Fraktionsvorsitzende. „Also muss man auch nicht alle an Bord haben.“

Dem Entwurf zufolge soll der Bund vor allem für Landkreise Maßnahmen erzwingen können, in denen binnen einer Woche eine Inzidenz von 100 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner oder mehr registriert wird. Vorgesehen sind demnach etwa nächtliche Ausgangsbeschränkungen von 21.00 bis 5.00 Uhr. Ausnahmen soll es allenfalls für den Fall medizinischer Notfälle oder den Weg zur Arbeit geben. Anders als bisher sollen diese jedoch nicht mehr für Abendspaziergänge gelten.

Den Befürwortern der Neuregelung zufolge sollen sich deren Auswirkungen in Grenzen halten, vor allem in zeitlicher Hinsicht. Fortschritte bei der Corona-Schutzimpfung sollen sie zeitnah sogar obsolet machen, meint Brinkhaus:

„Es geht am Ende des Tages nur noch um wenige Wochen, weil ja parallel auch mittlerweile sehr, sehr gut geimpft wird. Und diese Wochen, die müssen wir überstehen.“

FDP und Linke gegen die geplante Änderung

Der FDP-Generalsekretär und rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing kritisierte derweil die Begehrlichkeiten der Bundesregierung hinsichtlich einer Neufassung des Infektionsschutzgesetzes. „Wir haben erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken dagegen und werden diese im Gesetzgebungsverfahren vorbringen“, erklärte Wissing am Montag in Mainz. Die rheinland-pfälzische Landesregierung werde ihr Abstimmungsverhalten im Bundesrat erst festlegen, wenn ein vom Bundestag verabschiedetes Gesetz vorliege.

„Sollte der derzeit vorliegende Entwurf allerdings nicht grundlegend überarbeitet werden, steht schon jetzt fest, dass die FDP diesen nicht mittragen wird“, erklärte Wissing, der auch FDP-Vorsitzender in Rheinland-Pfalz ist.

Die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes stößt auch bei der Linken auf Ablehnung. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, machte im Gespräch mit den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Montagsausgaben) deutlich, dass seine Partei den Neuregelungen in der vorliegenden Fassung nicht zustimmen könne. „Es ist gut, dass es Regelungen geben soll, die für alle nachvollziehbar sind“, sagte Bartsch demnach. „Wir werden das Verfahren auch nicht bremsen. In der Sache habe ich allerdings ein paar fundamentale Kritikpunkte.“

So solle zum Beispiel das private Verhalten hart reglementiert werden, während für Unternehmen keine Pflichten vorgesehen seien, monierte Bartsch. „Ich sehe deshalb kaum Möglichkeiten, dem Vorhaben zuzustimmen.“

Grüne wollen trotz Kritikpunkten kooperieren

Die Grünen sagten hingegen ungeachtet vereinzelter Kritikpunkte ihre Kooperation bei der Gesetzgebung zu. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sagte dem RND, der Gesetzentwurf sei „allenfalls ein Notbehelf und in der Sache dringend nachbesserungsbedürftig“. Sie betonte: „Es muss sichergestellt sein, dass vorgeschlagene Regelungen wirksam, verhältnismäßig und verfassungsfest sind.“ Auch müssten insbesondere Wirtschaft und Arbeitswelt verpflichtet werden, mehr zur Infektionsvermeidung beizutragen.

Haßelmann betonte aber auch: „Die Infektionslage und die Situation auf vielen Intensivstationen sind beunruhigend. Es muss dringend gehandelt werden.“ Die Grünen seien daher bereit, eine zügige Beschlussfassung zu ermöglichen.

Die Problematik der Ausgangssperren in stark Corona-belasteten Kommunen wäre nicht der einzige Anwendungsbereich der geplanten Neufassung. Zudem soll der Bund auch die Schließung von Schulen, Kitas, Läden, Gastronomie, Hochschulen, Sportstätten und Kultureinrichtungen in Eigenregie verfügen können. Das Gesetz soll in der kommenden Woche vom Kabinett beschlossen werden und dann rasch das parlamentarische Verfahren durchlaufen.

TRT Deutsch und Agenturen