Anhänger der FPÖ versammeln sich auf dem Viktor-Adler-Markt in Wien (Reuters)
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Das Landesgericht in Wien hat den Ex-FPÖ-Landtagsabgeordneten und dienstführenden Polizeibeamten Gerhard Haslinger wegen rassistischer Aussagen über türkische Einwanderer zu einer Geldstrafe verurteilt. Das berichtete der „Standard“ am Dienstag. Die Äußerungen waren in einer Presseaussendung aus dem Jahr 2012 gefallen.

Bis zum November des Vorjahres war der Politiker durch seine Immunität als Abgeordneter vor einer Strafverfolgung geschützt. Da er bedingt durch die Niederlage seiner Partei bei den Landtagswahlen im Oktober 2020 sein Landtagsmandat verlor, musste er sich nun für seine damaligen Äußerungen verantworten.

Türkischen Einwanderern „Zusammenhalt auch bei schweren Verbrechen“ vorgeworfen

Anlass für Haslingers Tiraden gegen Türken war der Fall eines später verurteilten türkischstämmigen Serienvergewaltigers, der Ende 2012 auf der Flucht vor den Strafverfolgungsbehörden war. Der Flüchtige war bei einem älteren Ehepaar in der Brigittenau gemeldet. Allerdings handelte es sich, wie sich später herausstellte, um eine Scheinadresse.

Offenbar war Haslinger nicht damit zufrieden, dass türkische Einwanderer im Bezirk der Polizei keine sachdienlichen Hinweise zum Aufenthaltsort des 2013 rechtskräftig verurteilten Serientäters geben konnten. Erzählungen von Kollegen nahm er zum Anlass, Türken im 20. Gemeindebezirk pauschal Mitwisserschaft und bewusste Strafvereitelung zu unterstellen.

Der Fall zeige, so äußerte Haslinger, dass die türkischen Einwanderer im Bezirk „zu einem Gutteil aus demselben Gebiet in Anatolien“ kämen und eine „in sich geschlossene Gemeinschaft“ darstellten. Diese, so schrieb Haslinger, halte bedingungslos zusammen, und das nicht nur, wenn es um „Sozialmissbrauch“, sondern „auch wenn es um schwere Verbrechen geht“.

Er habe „nur aufrütteln“ wollen

Vor Gericht räumte der FPÖ-Politiker nun ein, so berichtet der „Standard“, dass er „unpräzise formuliert“ habe. Allerdings stellte er in Abrede, dass seine Äußerungen in irgendeiner Weise verhetzend gewesen sein sollen. Es habe ihn nur „erbost“, dass innerhalb der türkischen Bevölkerung „auch bei einem schweren Verbrechen wie Vergewaltigung zusammengehalten“ werde. Belastbare Indizien für die Richtigkeit seiner Behauptung konnte er jedoch keine präsentieren.

Haslinger war eigenen Angaben zufolge emotional aufgewühlt gewesen und habe mit scharfen Formulierungen Medien und politische Mitbewerber „aufrütteln“ wollen. Gegen eine Bevölkerungsgruppe zu hetzen oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise verächtlich zu machen sei nicht sein Anliegen gewesen. Der damalige FPÖ-Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein habe den Text zudem abgesegnet.

Außerdem, so Haslinger, habe er als Politiker auch mit türkischstämmigen Mitbürgern zu tun gehabt, die dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Sympathie entgegengebracht hätten.

Schuldeingeständnis hätte Haslinger Strafe erspart

Der FPÖ-Funktionär wurde am Ende – mittlerweile rechtskräftig – zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 45 Euro verurteilt, die Hälfte davon wurde zur Bewährung ausgesetzt. Eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflage lehnte die Staatsanwaltschaft mangels Schuldeinsicht aufseiten Haslingers ab.

Dessen Äußerungen fielen in eine Zeit, in der die spätere Regierungspartei unter ihrem 2005 ins Amt gewählten Bundesparteichef Strache einen auffälligen politischen Wandel vollzogen hatte. Die 1955 gegründete „Freiheitliche Partei Österreichs“ sah sich stets in der politischen Tradition des nationalliberalen und antiklerikalen sogenannten „Dritten Lagers“ aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

FPÖ: Alten Antisemitismus gegen neue Islamophobie eingetauscht

Strache bemühte sich zwar, den Antisemitismus und die NS-Nostalgie zurückzudrängen, die in Teilen der Partei durch die Jahrzehnte immer wieder zum Tragen gekommen waren. Im Einklang mit ähnlichen Entwicklungen anderer europäischer Rechtsaußenparteien seit Mitte der 2000er Jahre tauschte man diesen jedoch vielfach gegen eine aggressive und fanatische Frontstellung gegen den Islam und muslimische Bevölkerungsteile ein.

Ebenfalls in dieser Zeit handelten sich bekannte damalige Politiker und Funktionäre der FPÖ wie Elisabeth Sabaditsch-Wolff oder Susanne Winter durch besonders radikale islamfeindliche Aussagen gerichtliche Verurteilungen ein. Winter wurde 2015 wegen antisemitischer Äußerungen aus der Partei ausgeschlossen.

In der Frage eines EU-Beitritts der Türkei hatte die Partei bereits unmittelbar nach dem Ende der Obmannschaft Jörg Haiders, der einen solchen befürwortete, um 180 Grad gewendet. Der frühere Landeshauptmann von Kärnten starb 2008 bei einem Autounfall.

TRT Deutsch