Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu (links) und sein italienischer Kollege Luigi Di Maio. (AA)
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Sechs Tage nach Beginn heftiger Kämpfe um die Südkaukasus-Region Berg-Karabach hat sich Armenien zu Waffenstillstands-Verhandlungen mit Aserbaidschan bereit erklärt. Armenien stehe "bereit" für Gespräche innerhalb der sogenannten Minsk-Gruppe der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa (OSZE), teilte das Außenministerium in Eriwan am Freitag mit. Bei den Gefechten wurden seit Sonntag fast 200 Menschen getötet, darunter 30 Zivilisten.

Wegen des wieder aufgeflammten Konflikts hatten sowohl Armenien als auch Aserbaidschan das Kriegsrecht verhängt. Die Nachbarstaaten machten sich gegenseitig für die Eskalation verantwortlich. Auch am Freitagmorgen hielten die Gefechte an.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem italienischen Amtskollegen Luigi Di Maio sagte Mevlüt Çavuşoğlu am Freitag, die Türkei stehe in Solidarität mit Aserbaidschan gegen seinen Kampf für die besetzten Gebiete Berg-Karabachs.

„Wenn die internationale Gemeinschaft etwas gegen Berg-Karabach unternehmen will, sollte sie Armenien dazu bringen, aserbaidschanische Gebiete sofort zu verlassen“, sagte er. Çavuşoğlu stellte fest, dass ein Status quo im Berg-Karabach-Konflikt Armenien „zum Angriff ermutigt“.

Damit Aserbaidschan einem Waffenstillstand zustimmen kann, müsse Armenien seine Streitkräfte aus den besetzten Gebieten abziehen, sagte der türkische Außenminister.

Zudem bekomme Armenien Unterstützung durch armenische Kämpfer aus anderen Ländern. Der türkische Außenminister betonte zugleich, dass mit dem Ende der illegalen Okkupation von Berg-Karabach durch Armenien, die Isolation Armeniens in der Region enden würde. Das sei im Interesse aller Beteiligten – auch von Armenien.

Russland: Stehen nicht auf verschiedenen Seiten mit der Türkei

Russland hat indes nach eigenen Angaben mit der Türkei vereinbart, sich im Konflikt um die Kaukasusregion Berg-Karabach eng abzustimmen. Wie das Außenministerium in Moskau am Donnerstag mitteilte, bekräftigten der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein türkischer Kollege Çavuşoğlu in einem Telefonat die Bereitschaft beider Länder für eine „enge Abstimmung“, um die „Lage zu stabilisieren“. Das Ziel ist es demnach, den Konflikt um Berg-Karabach über „friedliche Verhandlungen“ zu lösen.

Ankara machte zunächst keine Angaben zum Inhalt des Telefonats. Aus türkischen Diplomatenkreisen verlautete, das Thema sei der Angriff Armeniens gewesen.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensia sagte am Donnerstag, Russland und die Türkei stünden in dem Konflikt nicht auf verschiedenen Seiten. „Wir wissen, dass die Türkei Aserbaidschan uneingeschränkt unterstützt. Aber das bedeutet nicht, dass wir auf der anderen Seite stehen und Armenien gegen Aserbaidschan unterstützen. So ist es nicht“, sagte der Diplomat laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Russland wolle in dem Konflikt ein Ende der Kampfhandlungen und einen Waffenstillstand erreichen.

Die Rolle Russlands und der Türkei

Die Beziehungen zwischen den beiden ehemaligen Sowjetstaaten Armenien und Aserbaidschan sind seit 1991 angespannt. Damals besetzte das armenische Militär die Region Berg-Karabach, die als international anerkanntes Territorium Aserbaidschans gilt.

Bei dem Konflikt spielt auch die Konkurrenz zwischen Russland und der Türkei um Einfluss in der Kaukasusregion eine wichtige Rolle. Das turksprachige Aserbaidschan hat seine Armee in den vergangenen Jahren hochgerüstet und kann auf die Unterstützung der Türkei zählen.

Russland gilt historisch als Armeniens Schutzmacht und unterhält dort einen Militärstützpunkt. Zugleich pflegt Moskau gute Beziehungen zu Aserbaidschan und liefert Waffen dorthin.

Vier Resolutionen des UN-Sicherheitsrates und zwei Resolutionen der UN-Generalversammlung sowie zahlreiche internationale Organisationen fordern den Rückzug der Besatzungstruppen Armeniens.

Am Donnerstag hatten Russlands Präsident Wladimir Putin, US-Präsident Donald Trump und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an die Konfliktparteien appelliert, die Kampfhandlungen einzustellen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Am Tag zuvor hatten beide Konfliktparteien internationale Vermittlungsangebote abgelehnt.

Die für Vermittlung im Berg-Karabach-Konflikt zuständige Minsk-Gruppe der OSZE wird seit 1992 zusammen von Russland, Frankreich und den USA geleitet. Die letzten großangelegten Verhandlungen im Minsk-Format waren 2010 gescheitert.

Berg-Karabach liegt in Aserbaidschan, wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt, welche die Region auch unter ihrer Kontrolle haben. Die selbsternannte Republik Berg-Karabach wird international nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans.




TRT Deutsch und Agenturen