22.07.2021, Bayern, Aiglsbach: An den rund sieben Meter hohen Anlagen wächst der Hopfen an Drähten nach oben. (dpa)
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Wie das Sommerwetter ausfällt, interessiert viele besonders mit Blick auf Freizeit und Ferien. Auf den Feldern entscheiden sich daran aber jedes Jahr die Geschäftschancen der Landwirte. Und die Ernte 2021 sieht nach schwierigen Bedingungen in vielen Regionen Deutschlands enttäuschend aus.

Zu erwarten ist eine Getreidemenge von 42,1 Millionen Tonnen, wie das Bundesagrarministerium am Mittwoch nach vorläufigen Daten in seinem Erntebericht mitteilte - 2,7 Prozent weniger als im Vorjahr und 4,8 Prozent weniger als im Schnitt der Jahre 2015 bis 2020. Nicht erst nach dem Hochwasser im Westen, das auch Äcker zerstörte, rücken Klimafolgen stärker in den Blick.

Zu nass, zu wenig Sonne
Ministerin Julia Klöckner (CDU) sagte in Berlin, bei den Erwartungen für die Ernte seien viele Bauern diesmal lange optimistisch gewesen. „Vielerorts wurden und werden die Erntearbeiten aber durch Schauer und Gewitter ausgebremst, darunter leiden Erträge und Qualität.“ Eine Folge sei auch Pilzbefall. Auf manchen Feldern müsse die Ernte sogar mit blutendem Herzen untergepflügt werden. Insgesamt zeichne sich ein unterdurchschnittliches Ergebnis ab, aber regional unterschiedlich.
Beim Winterweizen als wichtigster Getreideart dürfte die Erntemenge um 3,5 Prozent unter den Vorjahreswert fallen, obwohl die Anbaufläche um 4,4 Prozent größer war. Bei Raps zeichnet sich laut Bericht erneut das Vorjahresniveau von etwa 3,5 Millionen Tonnen ab. Bei Obst und Gemüse sind die Ergebnisse wohl unterdurchschnittlich. Grund seien Wachstumsverzögerungen wegen niedriger Temperaturen und wenig Sonne. Wegen zu nasser Böden habe es außerdem Probleme gegeben, Gemüse termingerecht zu ernten. Bei Gras und Klee als Tierfutter habe sich die Lage nach mehreren trockenen Jahren nun aber meist entspannt.
Grundlage des amtlichen Ernteberichts sind festgestellte Erträge für bundesweit mehrere tausend Felder. Der Deutsche Bauernverband will an diesem Freitag ebenfalls eine Erntebilanz ziehen.
NRW und Rheinland-Pfalz besonders betroffen
Klöckner betonte, kaum ein Wirtschaftsbereich sei extremem Wetter so stark ausgesetzt wie die Landwirtschaft. Allein in ihrer Amtszeit gab es zu Beginn 2018 eine Dürrewelle, nun schlimme Flutschäden nach starkem Regen vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. „Sichere Ernten sind eben nicht selbstverständlich“, sagte die Ministerin. Und das bekämen am Ende früher oder später auch Verbraucher zu spüren.
Gerade sind akute Preis-Effekte zu sehen, wie aus dem Erntebericht hervorgeht. Da die Ergebnisse nun schlechter ausfallen als erwartet, seien Erzeugerpreise für Getreide und Raps in den vergangenen Wochen angestiegen, erläuterte das Ministerium - erfreulich für Ackerbauern, belastend für Tierhalter beim Futterkauf. Die Auswirkungen auf die Verbraucherpreise hängen aber davon ab, wie sehr Produkte auf dem Weg bis in den Supermarkt verarbeitet und zwischengehandelt werden.
„Anders als der Erzeugerpreis für Brotweizen, der je nach Marktlage steigt oder fällt, steigt der Verbraucherpreis für Toastbrot linear an“, heißt es etwa im Erntebericht. Denn höhere Lohn- und Energiekosten schlügen stärker zu Buche als Rohstoffkosten. Bei frischem Obst und Gemüse wirkten sich Ernteschwankungen dagegen unmittelbar aus.
Um Felder und Wiesen stärker gegen den Klimawandel zu wappnen und Böden zu schonen, hat das Ministerium nun eine „Ackerbaustrategie“ mit Perspektiven bis 2035 vorgelegt - ausgehend von einem ersten Diskussionspapier und einem dann folgenden Austausch mit Bauern und Verbänden als „Praktiker-Tüv“, wie Klöckner es nannte. Aufgeführt werden eine Reihe von Maßnahmen, auch begleitet mit Förderangeboten.
Vielfalt soll helfen
Ein Ziel ist mehr Vielfalt auf den Äckern. So sollen Betriebe mehr Pflanzen wechselnd anbauen - nicht nur Weizen, Mais und Gerste, sondern auch Dinkel, Hafer, Soja und Erbsen oder Bohnen. Gefördert werden soll auch der Aufbau von Humus in Böden. Denn je größer der Anteil, desto länger und mehr könnten Böden Kohlenstoff speichern. Helfen sollen auch neue Pflanzenzüchtungen und digitale Technik, wie Klöckner sagte. So könne mit Sensoren der Reifendruck von Fahrzeugen auf dem Feld angepasst werden, um eine Bodenverdichtung zu vermeiden.

dpa