07.06.2022, Berlin: Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, und Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, nehmen an der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2021 vor der Bundespressekonferenz teil. (dpa)
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Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat in seinem am Dienstag vorgestellten Bericht die terroristische PKK als die „mitgliederstärkste und schlagkräftigste Organisation im auslandsbezogenen Extremismus in Deutschland“ bezeichnet. Ungeachtet der Corona-Pandemie habe sich die Organisation „weiterhin in der Lage“ gezeigt, Personen „weit über die eigene Anhängerschaft hinaus zu mobilisieren“. Klandestine Wühlarbeit der PKK Das unmittelbar der PKK zuzurechnende Personenpotenzial schätzt der Inlandsnachrichtendienst wie bereits in den Jahren zuvor auf 14.500 Personen. Die Struktur der seit 1993 verbotenen terroristischen Vereinigung in Deutschland gliedere sich in vier Sektoren („Saha“), neun Regionen („Eyalet“) und 31 Gebiete („Bölge“), in denen jeweils ein Führungsfunktionär an der Spitze verantwortlich sei. Der Verfassungsschutz bestätigt in Summe die Einschätzung der türkischen Nachrichtendienste, die von EU-Ländern als „ruhigem Hinterland“ für die Terrororganisation sprechen. In Deutschland seien, so der Bericht, „ihre wesentlichen Tätigkeitsfelder vor allem die logistische und finanzielle Unterstützung der Gesamtorganisation, die Rekrutierung neuer Anhängerinnen und Anhänger sowie die Durchführung zahlreicher Kundgebungen und Großveranstaltungen zur Propaganda in eigener Sache“. Die Aufhebung des Betätigungsverbots stehe im Vordergrund der Lobbyarbeit der PKK in Deutschland. Funktionäre mit zeitlich befristetem Mandat setzten im Rahmen von der Terrororganisation gesteuerter Vereine des Dachverbands KON-MED die Vorgaben der höheren Kader um. Gewaltpotenzial zeigt sich vor allem am Rande von Aufmärschen Das Gewaltpotenzial der PKK zeige sich in Deutschland vor allem im Kontext mit Aufmärschen und Kundgebungen. Die Organisation arbeite auch immer wieder mit deutschen Linksextremisten zusammen. Diese beteiligten sich an der Propaganda für die Vereinigung, aber auch an Straf- und Gewalttaten. In einigen Fällen reisten deutsche Linksextremisten auch in die Krisengebiete Syriens und des Iraks, zum Teil auch in den Osten der Türkei, um dort mit Waffengewalt die PKK zu unterstützen. Die meisten Straf- und Gewalttaten im Kontext der PKK-Aktivitäten ereigneten sich in Nordrhein-Westfalen (203; 2020: 130) und Berlin (162; 2020: 89). Mit 311 Delikten stünden rund 40 Prozent aller Straftaten im Zusammenhang mit der PKK, davon 160 Verstöße gegen das Vereinsgesetz, aber auch neun Körperverletzungen, neun Landfriedensbrüche und 49 Sachbeschädigungen. Mehr als die Hälfte der beschafften Geldmittel in der EU aus Deutschland Ein Schwerpunkt der PKK in Deutschland ist die Rekrutierung für die bewaffneten Einheiten in der Heimatregion. Verantwortlich für die Rekrutierungsaktivitäten in Deutschland und Europa sei vor allem die Jugendorganisation der Terroristen. Auf Veranstaltungen oder in PKK-Medien würden insbesondere Jugendliche aufgefordert, sich dem bewaffneten Kampf anzuschließen. Seit Juni 2013 sollen sich rund 295 Personen aus Deutschland in die Konfliktgebiete begeben und sich dort Kampfeinheiten der PKK oder ihrem syrischen Ableger, YPG, angeschlossen haben. Die PKK erzielte dem Verfassungsschutz zufolge zudem im Jahr 2021 bei ihrer „Jahresspendenkampagne“ („kampanya“) allein in Deutschland geschätzte 16,7 Millionen Euro und übertraf damit erneut das Ergebnis aus dem Jahr zuvor. Der gesamte „Spendenerlös“ in Europa werde auf über 30 Millionen Euro geschätzt. „Spenden“ häufig durch kriminelle Machenschaften gewonnen Die PKK führt seit fast 40 Jahren einen Terrorkrieg gegen den türkischen Staat. In der Türkei, den USA und der EU ist sie als terroristische Organisation eingestuft. Unter anderem dienen Drogengeschäfte oder Schutzgelderpressung der Gruppe zur Beschaffung von Finanzmitteln. Ihr wird vorgeworfen, durch Täuschung, Einschüchterung und Entführungen junge Menschen – häufig Minderjährige – für ihren terroristischen Kampf zu rekrutieren. In der Türkei wird die Organisation für den Tod von etwa 40.000 Menschen verantwortlich gemacht. Die türkische Regierung hat vor allem Regierungen in der EU mehrfach für ein aus ihrer Sicht zu wenig entschlossenes Vorgehen gegen die Terroristen kritisiert. Geheimdiensten zufolge betrachtet die PKK Europa als „ruhiges Hinterland“, seit mehrere Terrorakte etwa in Deutschland 1993 zum Verbot der Vereinigung geführt hatten. Mehr zum Thema: Verfassungsschutzbericht 2021: Faeser sieht erhebliche Bedrohung von rechts

TRT Deutsch