Symbolbild: Fähnchen mit dem Logo der AfD (dpa)
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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich gegen Äußerungen des Ostbeauftragten Marco Wanderwitz (beide CDU) gewandt, nach denen AfD-Wähler teils dauerhaft für die Demokratie verloren seien. „Meine Herangehensweise ist immer die, dass in einer Demokratie jede Bürgerin und jeder Bürger zählt“, sagte Merkel am Mittwoch in Berlin nach Beratungen mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten. Kritik an der Aussage von Wanderwitz kam auch von zahlreichen anderen Politikern.
Politik müsse für jeden Bürger gemacht werden, so Merkel. „Deshalb ist es natürlich beschwerlich, wenn Menschen sich von der Demokratie abwenden.“ Das sei ein Verlust für das Gemeinwesen und mache das Zusammenleben schwieriger. „Aber ich werde mich nie damit abfinden, dass man das als gegeben hinnimmt, sondern immer weiter dafür arbeiten, auch wenn es manchmal lange dauert und langen Atem verlangt, jeden auch wieder für die Demokratie zu gewinnen.“ Wanderwitz habe Probleme angesprochen, die allen Sorgen machten. Er mache auch eine gute Arbeit, sagte Merkel.
Wanderwitz sieht bei Menschen in Ostdeutschland eine stärkere Neigung zur Wahl rechtsradikaler Parteien als im Westen. „Wir haben es mit Menschen zu tun, die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach dreißig Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind“, hatte Wanderwitz dem „FAZ-Podcast für Deutschland“ (Freitag) gesagt. Ein Teil der Bevölkerung habe „gefestigte nichtdemokratische Ansichten“.
Kritik an der Aussage kam auch vom Thüringer CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen. Viele im Osten hätten eher ein „feines Sensorium“, was politische Veränderungen angehe und sie wollten sich nicht bevormunden lassen, wie sie zu sprechen und zu essen hätten, sagte Maaßen dem Sender „Welt“. „Das ist ein Anspruch, dass die Politik das tut, was die Menschen möchten, und nicht umgekehrt.“ Sie wollten sich nicht vorschreiben lassen, wie sie zu leben hätten. Kritik aus der Opposition
Auch Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) kritisierte Wanderwitz für dessen Äußerungen. „Genau jene Ostdeutschen, die die friedliche Revolution in der DDR mitangeschoben haben (...), die jetzt hier so unter Generalverdacht zu stellen, halte ich für falsch.“ Die Politik dürfe keine Menschen abschreiben und müsse weiter intensiv gegen Rechts eintreten. Es solle auch nicht so getan werden, „als wäre in Westdeutschland die Welt in Ordnung“. Rechtsextremismus sei eine Herausforderung für Gesamtdeutschland.
Scharfe Worte kamen auch von der Opposition: Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, forderte Wanderwitz zu einer Entschuldigung bei den Menschen in Ostdeutschland auf. Der Ostbeauftragte müsse bei der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz seine Aussagen zurücknehmen, sagte Bartsch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland RND (Mittwoch). „Wir brauchen keinen Wählerbeschimpfungsbeauftragten, der der AfD die Bälle zuspielt, sondern einen Ostbeauftragten, der die realen Probleme im Osten anpackt. Und diese sind weiterhin reichlich vorhanden.“

„Ostbeleidigungsbeaftragter“ ohne Maß und Mitte?
Der Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, sagte: „Wenn etwa der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, den ostdeutschen AfD-Wählern unterstellt, sie seien dauerhaft für die Demokratie verloren, zeigt das, wohin die Union unter Merkel gekommen ist und wie sehr sich das innerparteiliche Meinungsspektrum verengt und nach links verlagert hat.“
Der ostpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Jürgen Pohl, nannte Wanderwitz einen „Ostbeleidigungsbeauftragten“. Er sagte: „Herr Wanderwitz verliert vollends Maß und Mitte, wenn er wiederholt Millionen Ostdeutsche unter Extremismus-Verdacht stellt.“

dpa