06.04.2021, Türkei, Ankara: Dieses vom Europäischen Rat zur Verfügung gestellte Foto zeigt den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan (2.v.r) und den türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu (r) während eines Treffens mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (l) und EU-Ratspräsident Charles Michel. (dpa)
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Die EU lotet einen möglichen Ausbau der Beziehungen zur Türkei aus: Bei einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Ankara diskutierten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel unter anderem über eine Stärkung der wirtschaftlichen Kooperation. Sie könnte nach Angaben von der Leyens eine Modernisierung der Zollunion und eine intensivere Zusammenarbeit bei Zukunftstechnologien im Bereich Umwelt und Digitales umfassen.

Nach dem fast dreistündigen Treffen sagte Michel auf einer Pressekonferenz, dass die EU bereit sei, eine konkrete Agenda vorzulegen, um die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Einwanderung sowie die zwischenstaatlichen Beziehungen zu stärken.

Es gehe um eine stärkere Kooperation, die für beide Seiten profitabel sei, sagte die deutsche CDU-Politikerin. Dazu zählten auch die Zusammenarbeit in der Flüchtlings- und Migrationspolitik sowie der Ausbau der Kooperation im Rahmen des EU-Forschungsprogrammes Horizont und des Austauschprogramms Erasmus. Es gebe weiter Uneinigkeiten – aber auch neue Chancen, fügte Michel hinzu.

Die EU erkenne die strategische Bedeutung einer positiven EU-Türkei-Beziehung, so der EU-Ratspräsident. Deshalb seien die gegenseitigen Bemühen wichtig.

Der türkische Präsidentensprecher Ibrahim Kalin teilte mit, Erdoğan habe ebenfalls die Bedeutung der Zusammenarbeit beim Thema Migration betont.Zudem seien Themen wie die Gewährung der Visaliberalisierung für türkische Staatsbürger und politische Konsultationen auf hoher Ebene besprochen worden.

Kalın betonte, dass das Ziel der Türkei die Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union sei. Die Stärkung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen zwischen der Türkei und der EU würden nicht nur zur Stabilität der Türkei und der europäischen Länder beitragen, sondern auch dem regionalen Frieden zugute kommen, so Kalın.

„Anfangsphase der Bemühungen“

Von der Leyen sagte, dass sich beide Seiten noch in der Anfangsphase dieser Bemühungen befänden und fügte hinzu, dass die kommenden Wochen und Monate zeigen würden, wie viel Fortschritt möglich sei.

Zugleich machte die Kommissionspräsidentin gegenüber Ankara deutlich, dass die EU auch in Zukunft nicht zögern werde, negative Entwicklungen anzusprechen. Sie und Michel hätten deutlich gemacht, dass die Achtung der Grundrechte und der Rechtsstaatlichkeit für die EU von entscheidender Bedeutung sei und die Türkei die internationalen Menschenrechtsregeln einhalten müsse.

Der Rückzug der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen sei zutiefst besorgniserregend und das „falsche Signal“. Man dränge die Türkei darauf, die Entscheidung rückgängig zu machen.

Kalın entgegnete, Gewalt gegen Frauen sei ein globales Problem, das man weiter bekämpfe – und gegen das man auch mit bereits bestehenden Gesetzen Erfolge erzielen könne.

Sitzordnung stößt trotz Protokollregeln auf Kritik

Die Sitzordnung bei dem Treffen in Ankara hat in den sozialen Medien bei manchen Nutzern für Irritationen gesorgt. Während für EU-Ratspräsident Michel ein großer Stuhl neben dem türkischen Staatschef reserviert war, bekam EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen einen Platz auf einem Sofa in einiger Entfernung von Erdogan und Michel zugewiesen. Dort saß sie dem türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu gegenüber, der ebenfalls an dem Gespräch teilnahm.

Die Sitzordnung ist nach der protokollarischen Rangordnung geregelt, wonach Michel als Präsident des Europäischen Rates in der protokollarischen Rangordnung über der EU-Kommissionspräsidentin steht. Genau das war bei dem Treffen umgesetzt worden.

Hintergrund der Gespräche waren Beschlüsse des EU-Gipfels vor eineinhalb Wochen. Dabei hatten sich die Staats- und Regierungschefs darauf verständigt, die Beziehungen zur Türkei schrittweise wieder auszubauen. Mit dem Beschluss will die EU die Eskalation weiterer Konflikte abwenden.

TRT Deutsch und Agenturen