Nachdem eine schwarze Frau in einer Berliner Drogerie rassistisch beleidigt worden sein soll, hat der Linken-Politiker Hakan Taş Aufklärung auch zum Vorgehen von Polizisten gefordert. Die Polizeiführung und Innensenator Andreas Geisel (SPD) müssten „gerade in solchen kritischen Zeiten“ ihrer Verantwortung gerecht werden, sagte Taş am Freitag. „Das darf man nicht so stehen lassen.“
Laut Polizei prüft eine interne Beschwerdestelle den Fall, zwei Beamte würden zu dem Einsatz befragt. Wann ein Ergebnis vorliege, sei offen.
Wie mehrere Medien berichteten, soll die Frau beim Bezahlen des Betrugs beschuldigt worden sein: Die Kassiererin habe den deutschen Nachnamen auf der Bankkarte der Kundin für unvereinbar mit deren Hautfarbe gehalten, so der Vorwurf. Als die Kundin Anzeige erstatten wollte, hätten die hinzugerufenen Polizisten ihren Worten angeblich keinen Glauben geschenkt, ihr die Schuld zugewiesen und ihr gedroht. So erzählt es Politiker Taş, der ein Video mit Schilderungen der Betroffenen postete: entstanden am Abend des 9. Juni, als er zufällig an der Drogerie vorbeigekommen sei. Dort habe die Kundin unter Tränen mehreren Menschen und auch ihm von dem angeblichen Vorfall berichtet.
„Ich habe mich lächerlich gefühlt. Am Samstag waren wir noch alle draußen und haben ‚Black Lives Matter‘ gerufen und zwei Tage, drei Tage später ist der normale Alltag und du wirst wieder rassistisch behandelt“, sagte die 24-Jährige am Freitagabend in der RBB-Abendschau.
Rossmann im Dialog mit Betroffenen
„Wir bedauern sehr, was unsere Kundin in unserer Filiale in Berlin erlebt hat“, teilte eine Sprecherin der Drogeriemarktkette Rossmann auf Anfrage mit. Aktuell arbeite man den Vorfall intern auf, „um daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen“. Das Unternehmen suche den Dialog mit allen Beteiligten, vor allem mit der Kundin, die man inzwischen über die sozialen Medien kontaktiert habe.
Der Firma sei es wichtig, „nicht übereinander, sondern miteinander zu sprechen - um ein besseres Verständnis füreinander zu bekommen und voneinander zu lernen“, hieß es weiter von Rossmann. Man wolle die eigenen Mitarbeiter für das Thema Alltagsrassismus noch einmal stärker sensibilisieren, „denn dieser hat bei uns keinen Platz“, betonte die Sprecherin.
Die Polizei hat eine Strafanzeige gegen die Kassiererin aufgenommen und leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung mit rassistischer Motivation ein, wie die Behörde bei Twitter schrieb. Noch seien nicht alle Informationen zusammengetragen. „Wenn sich der Vorfall so abgespielt hat, dann steht ein strafbares oder disziplinarwürdiges Verhalten unseres Kollegen im Raum“, hieß es.
In der RBB-Abendschau kritisierte die Betroffene auch einen der beteiligten Polizisten: „Er wollte mir nicht seinen Dienstausweis zeigen, ich musste mir anhören, ob ich Deutsch sprechen könnte, wenn ich eine Anzeige machen möchte, dass ich ins Gefängnis komme“, im Beisein ihres vierjährigen Sohnes.
Hakan Taş sagte, er habe die Polizisten vor Ort noch angetroffen und mit den Vorwürfen konfrontiert - etwa ob es stimme, dass sie die Anzeige der Kundin zunächst nicht aufgenommen und auch ihre Dienstnummer nicht angegeben hätten. Die Beamten hätten sich unter Verweis auf „laufende Ermittlungen“ nicht weiter geäußert.
13 Juni 2020
Politiker fordert Aufklärung nach Rassismusvorwurf von Drogerie-Kundin
Ein mutmaßlicher Rassismus-Vorfall in einem Berliner Drogeriemarkt ruft große Entrüstung hervor. Die Kassiererin soll den deutschen Namen auf der Bankkarte mit der schwarzen Kundin für unvereinbar gehalten haben. Auch die Polizei ist involviert.
dpa
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