12.02.2021, Nordrhein-Westfalen, Münster: Der 50-jährige Angeklagte (M) aus Hannover sitzt mit einer Akte vor dem Gesicht im Missbrauchskomplex Münster vor der Urteilsverkündung in einem Raum im Landgericht Münster neben seinem Anwalt. (dpa)
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Im Missbrauchskomplex Münster hat das Landgericht Münster am Freitag zwei Männer aus Hannover zu Haftstrafen verurteilt. Ein 30-Jähriger muss für neun Taten des schweren sexuellen Missbrauchs für 7 Jahre und 9 Monate ins Gefängnis, ein 50 Jahre alter Mann für zwei Fälle für 4 Jahre und 3 Monate, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Beide Verfahren wurden getrennt und zum Schutz der Opfer weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Im Fall des älteren Mannes war eine Wohnung in Hannover der Tatort. Dort hat er nach Überzeugung des Gerichts den Ziehsohn des 27 Jahre alten Hauptangeklagten im Missbrauchskomplex Münster im Herbst 2019 vergewaltigt. Im Fall des 30-Jährigen waren die Tatorte unter anderen in Münster, Hannover und auf Sylt. Beide jetzt Verurteilten hatten die Taten gestanden und so dem heute elfjährigen Opfer eine Zeugenaussage vor Gericht erspart.

Die Richter des Landgerichts sind damit im Fall des 30-Jährigen der Forderung der Staatsanwaltschaft gefolgt. Bei dem älteren Mann aus Hannover hatte die Anklage eine um fünf Monate höhere Haftstrafe gefordert.

Bei dem jüngeren fiel das Strafmaß wegen der Zahl der Taten deutlich höher aus. Aber auch, so der Gerichtssprecher, weil die Art und Weise des Missbrauchs stärker ins Gewicht fiel. Neben seinem Geständnis wurde er durch Chatverläufe überführt. Im Prozess war herausgekommen, dass er während eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) in einer Kindergartengruppe gearbeitet hatte. Er war dort bei Kindern und beim Personal sehr beliebt.

Noch zwei Prozesse anhängig, Urteil im Frühjahr erwartet

Später hatte er eine Beziehung zu einem weiteren Mann aus Hannover aufgebaut. Gegen diesen 35-Jährigen wird derzeit im Hauptprozess am Landgericht Münster verhandelt. Nach einem Hinweis aus den USA in Sachen Fotos von missbrauchten Kindern im Internet an das Bundeskriminalamt (BKA) war die Gruppe im Frühjahr 2020 aufgeflogen.

In dem Komplex sind derzeit noch zwei Prozesse am Landgericht anhängig. Im Hauptverfahren gegen den 27 Jahre alten IT-Techniker und Hauptangeklagten, seine Mutter und weitere Angeklagte werden im Frühjahr die Urteile erwartet.

Nach Lügde und Bergisch Gladbach ist Münster der dritte große Missbrauchsfall der vergangenen Jahre in Nordrhein-Westfalen. In mehreren Bundesländern und im Ausland hatte es Festnahmen gegeben. Im Ermittlungskomplex „Rose“ laufen bundesweit Verfahren gegen mindestens 20 Beschuldigte. Als Haupttatort gilt eine heute abgerissene Laube in einer Kleingartenanlage in Münster. Dort hatten mehrere Männer mehrere Kinder vergewaltigt. Die Taten waren zum Teil von einer Kamera aufgezeichnet worden.

Seit Anfang Februar sitzt auch die Mutter eines der Opfer in Untersuchungshaft. Sie soll vom Missbrauch ihres Sohn gewusst und ihn nicht verhindern haben.

dpa