Ozan Ceyhun (dpa)
Folgen

Bei einer Ramadan-Veranstaltung in Wien ist angeblich zu hören gewesen, wie der türkische Botschafter in Wien, Ozan Ceyhun, sagt: „Die Christen gehen in egoistischer Manier, ziehen sich in ihre vier Wände zurück und verteilen keine Geschenke, wie wir das tun". Das behauptet die Zeitung „Volksblatt“. Die Rede sei von zwei türkischen Muttersprachlern übersetzt worden. Veranstalter und Teilnehmer bestreiten, dass eine derartige Aussage gefallen ist.

Im Konkreten geht es um eine Veranstaltung zum Abschluss des muslimischen Fastenmonats Ramadan am 24. Mai in den Räumlichkeiten eines Wiener Vereins. Die Hilfsaktion wurde von der türkischen Organisation „Weltweiter Einsatz für Arme“ (Wefa) und der „Internationalen Demokratischen Union“ (UID) auf die Beine gestellt. Angesichts finanzieller Engpässe aufgrund der Corona-Krise sollen Lebensmittel und 200-Euro-Gutscheine an in Österreich lebende Studenten aus der Türkei überreicht worden sein. Dieses Thema steht in den österreichischen Medien noch immer auf der Tagesordnung. Dort wird die Behauptung aufgestellt, die Spenden seien direkt von der AK-Partei finanziert worden. Außerdem habe Ceyhun in seiner Eröffnungsrede das Weihnachtsfest angeblich als „egoistisch“ bezeichnet.

Die österreichische Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) betonte, dass sie keinen Einfluss aus der Türkei auf österreichische Vereine dulde. Sie sagte gegenüber dem „Volksblatt“: „Das Kultusamt prüft, ob es sich um eine religiöse oder politische Veranstaltung handelt. Und ob es einen Verstoß gegen die positive Grundeinstellung zum österreichischen Staat gibt.“

Ceyhun: Soziale Werte sind Stütze unserer Gesellschaft

Ceyhun teilte auf seiner Twitter-Seite mit: „Ich möchte mit aller Deutlichkeit klarstellen, dass ich während meines Redebeitrags nicht ein einziges Mal eine Aussage über Christen oder Muslime getroffen habe! Es ist wichtig, dass bestimmte soziale Werte als Stütze unserer Gesellschaft hochgehalten und bewahrt werden. Das sind wir nicht zuletzt unseren gläubigen Mitmenschen schuldig, sondern vor allem uns selbst.”

Der Organisator dieser Veranstaltung, Hasan Yetiş, zugleich Obmann des Vereins Wefa, kritisiert die Berichterstattung der österreichischen Medien. „Keiner dieser anwesenden Studenten sind Schüler einer Imam-Hatip-Schule. Wir haben die detaillierte Liste. Behörden können gerne Einsicht nehmen. Hierbei handelt es sich lediglich um Studenten, die aus der Türkei kommen“, so Yetiş gegenüber TRT Deutsch.

Auf die Frage, ob diese Studenten ausschließlich AK-Partei-Sympathisanten waren, antwortet Yetiş: „Es wurde kein Student nach seiner politischen Orientierung gefragt. Hilfsbedürftige Studenten, die aus der Türkei kommen, haben sich beim türkischen Konsulat in Wien gemeldet. Wir sind mit ihnen in Kontakt getreten. Insgesamt waren es 250 Studenten. Danach haben wir eine Spendenaktion gestartet. Ein Teil dieser Hilfe wurde von YTB (Amt für Auslandstürken und verwandte Gemeinschaften) finanziert und der Großteil stammt aus privaten Spenden.“

„Haltung von Frau Raab ist unprofessionell“

Eine anonyme österreichische Politologin, die auch als Geschäftsfrau in der Türkei tätig ist, kritisiert die Haltung der Medien in Österreich: „Die Schaffung einer künstlichen Krise aus nur zwei Wörtern des Botschafters, ohne eine einzige Information über den Inhalt der Organisation, hilft niemanden weiter. Botschafter Ceyhun ist seit vielen Jahren bemüht, die Beziehungen zwischen Europa und der Türkei zu verbessern.“

Die Politologin betont gegenüber TRT Deutsch, dass die Reaktion der Integrationsministerin unprofessionell sei: „Ein großer Teil der in Österreich lebenden türkischen Gesellschaft wollte immer, dass die Beziehungen zwischen diesen beiden Ländern freundlich und stark sind. Die Haltung von Frau Raab finde ich politisch gesehen unprofessionell.“

TRT Deutsch