Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, bei einer Videokonferenz im Hauptquartier des Europäischen Rates in Brüssel. (dpa)
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Europäische Unternehmen sollen künftig einfacher in China investieren können und so besseren Zugang zu dem riesigen Markt mit 1,4 Milliarden Menschen bekommen. Das ist das Ziel eines wegweisenden Abkommens, auf das sich die EU-Spitzen am Mittwoch grundsätzlich mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping einigten. Doch sind noch viele Details zu klären, und der Vertrag dürfte erst 2022 greifen. Auf EU-Seite gibt es Erleichterung, aber auch Kritik.

An der entscheidenden Videokonferenz mit Xi war neben EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beteiligt, die mit der Einigung zum Schluss der deutschen Ratspräsidentschaft einen Erfolg verbuchte. Das Abkommen löse zwar nicht alle kritischen Fragen, doch sei es „ein großer Fortschritt“, hieß es von Regierungsseite in Berlin. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sprach von einem handelspolitischen Meilenstein.

Der Pakt soll den Marktzugang für europäische Unternehmen in China verbessern, für fairen Wettbewerb und Rechtssicherheit sorgen und neue Geschäfte ermöglichen. Damit wüchsen die Chancen für Wachstum und Jobs in Europa, unterstrich EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis, der die Verhandlungen zuletzt geführt hatte. „Die Welt nach der Pandemie braucht eine starke Beziehung zwischen der EU und China“, schrieb Kommissionspräsidentin von der Leyen auf Twitter.

Für die Europäische Union ist es der bislang umfassendste Versuch, das wirtschaftliche Verhältnis mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt neu aufzustellen. Bisher ist der europäische Markt für chinesische Unternehmen viel offener als umgekehrt. Das soll das Abkommen beheben. China erhalte dafür die Sicherheit, dass die bisher günstigen Bedingungen fortbestünden, sagte Dombrovskis.

Über den genauen Text des Abkommens muss noch verhandelt werden

Der Durchbruch gelang, nachdem China beim Streitthema Arbeitsrechte neue Zusagen gemacht hatte. Die kommunistische Führung versprach „dauerhafte und nachhaltige Anstrengungen“ zur Ratifizierung zweier Konventionen der internationalen Arbeitsorganisation ILO gegen Zwangsarbeit, hieß es aus EU-Kreisen. Kritiker sehen darin jedoch nur ein „Lippenbekenntnis“.

Aber auch über den genauen Text des Investitionsabkommens muss noch verhandelt werden, wie aus einer internen Unterrichtung für die EU-Staaten hervorgeht. Sie liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Die EU-Kommission rechnet demnach mit einem Abschluss erst „Anfang 2022“. Das Abkommen sei auch „nicht eine Wunderwaffe zur Lösung aller Probleme und Herausforderungen in Bezug auf China“.

Um den Pakt war bis kurz vor Weihnachten gerungen worden. Zugeständnisse Chinas gab es bei Transportdiensten zur See oder in der Luft, bei Finanzen, Computern, Forschung und Entwicklung, Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, Telekommunikation, Cloud-Diensten und beim Betrieb privater Krankenhäuser, wie aus EU-Kreisen verlautete.

Bei staatlichen Subventionen wurde ein größeres Maß an „Transparen“ und ein Mechanismus vereinbart, um auf negative Folgen hinzuweisen. Ausgeklammert wurden die Streitthemen öffentliche Beschaffung und Investitionsschutz. Für letzteres soll binnen zwei Jahren nach Unterzeichnung des Investitionspakts eine eigene Lösung gefunden werden. Zur Beilegung von Differenzen zwischen Unternehmen sieht der Text einen Mechanismus vor. Auch die Streitbeilegung zwischen Staaten über ein Schlichtungsgremium ist detailliert geregelt.

Kampf gegen Zwangsarbeit wichtig, Nachbesserungen möglich

Die europäische Handelskammer in China begrüßte die Einigung. „Wir erwarten sehnlichst die Veröffentlichung der Details dieser politischen Vereinbarung und hoffen auf einen belastbaren und mutigen Abschluss“, sagte Kammerpräsident Jörg Wuttke in Peking. Er befürchtet zusätzliche Hürden, bevor der finale Text ratifiziert sei.

Tatsächlich will das Europaparlament genau prüfen, ob die chinesischen Zusagen belastbar sind. Der SPD-Handelsexperte Bernd Lange betonte, besonders wichtig sei der Kampf gegen Zwangsarbeit. Nötigenfalls werde man Nachbesserungen einfordern. Der Grünen-Abgeordnete Reinhard Bütikofer erklärte, die Zustimmung des Europaparlaments zu diesem Deal sei sehr ungewiss. Der CDU-Abgeordnete Daniel Caspary äußerte sich hingegen positiv. Die sieben Verhandlungsjahre hätten sich gelohnt.

dpa