Symbolbild. 26. September 2021, Shenzhen, China: Eine rote Fußgängerampel ist vor dem Hauptgebäude von China Evergrande im südchinesischen Shenzhen zu sehen. (Reuters)
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Aussagen des chinesischen Notenbankers Lan Zou vom vergangenen Freitag lassen die Hoffnung an den globalen Aktienmärkten schwinden, dass Chinas Regierung dem von der Pleite bedrohten Immobilienkonzern China Evergrande unter die Arme greift. Das berichteten mehrere Medien, darunter „Bloomberg“ und CNBC.

„In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen es versäumt, sein Geschäft gut zu führen und unter den sich ändernden Marktbedingungen umsichtig zu agieren“, sagte der in der chinesischen Zentralbank für die Finanzmärkte zuständige Lan Zou über Evergrande gegenüber „Epoch Times“ am Freitag. „Stattdessen hat es blindlings expandiert und diversifiziert“.

In den vergangenen zwei Wochen verstärkten sich die Ansteckungsängste nach dem überraschenden Zahlungsausfall der Fantasia Holdings Group und der Warnung der Sinic Holdings Group vor einem bevorstehenden Zahlungsausfall. Die chinesische Zentralbank dränge nun Immobilienunternehmen und ihre Aktionäre dazu, ihren Verpflichtungen nachzukommen, so Zou.

Staatlicher Bail-out unwahrscheinlich

Die Aussagen von Lan Zou seien das „bisher stärkste Signal, dass die Behörden den Gläubigern von Evergrande und anderen Bauträgern nicht zu Hilfe kommen werden“, kommentierte Analyst Travis Lundy die Aussagen des chinesischen Zentralbankers gegenüber „Bloomberg“. Die Behörden bleiben demnach bei ihrer Haltung, dass es keine Maßnahmen zur Förderung des Immobilienmarktes geben wird – abgesehen von kleinen Schritten wie einer schnelleren Bearbeitung von Hauskrediten, so Lundy weiter.

Die Anleihen und Aktien von Evergrande sind in den vergangenen Wochen stark eingebrochen, wobei der Ausverkauf auch auf andere Immobilienentwickler übergriff und die Renditen der risikoreicheren Anleihen des Landes auf 20 Prozent ansteigen ließ. Die Offshore-Anleihen des Bauträgers werden zu etwa 20 Cent pro Dollar gehandelt, was laut Finanznachrichtenagentur „Bloomberg“ darauf schließen lässt, dass die Anleger auf einen Zahlungsausfall wetten. Die Aktie ist in diesem Jahr um über 80 Prozent eingebrochen, der Handel in Hongkong ist seit mehr als zwei Wochen gestoppt.

Die Krise bei Evergrande hat auch zu einem Stimmungseinbruch bei den Hauskäufern geführt. Schätzungsweise 1,6 Millionen Haushalte haben Anzahlungen für Evergrande-Wohnungen geleistet, die noch nicht gebaut worden sind. Die Verkäufe der 100 größten Immobilienunternehmen des Landes sind nach offiziellen Angaben im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 36 Prozent eingebrochen.

Hongkonger Börsenaufsicht untersucht Evergrande-Jahresabschluss

Unterdessen haben die Hongkonger Aufsichtsbehörden eine Untersuchung der Jahresabschlüsse von Evergrande aus dem Jahr 2020 eingeleitet – und überprüfen den Zwischenbericht von 2021. In einer öffentlichen Rüge forderte die chinesische Zentralbank Evergrande im August nach einem Treffen mit den Führungskräften des Bauunternehmens auf, seine Schuldenprobleme zu lösen und keine „unwahren“ Informationen zu verbreiten.

Im September erteilten die Aufsichtsbehörden dem Bauträger umfassende Anweisungen, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um einen kurzfristigen Zahlungsausfall bei Dollar-Anleihen zu vermeiden und sich gleichzeitig auf die Fertigstellung unfertiger Objekte sowie die Rückzahlung einzelner Investoren zu konzentrieren.

Experte: „Strukturelles Problem“

Mit einem Wert von 5 Billionen Dollar macht der chinesische Wohnungssektor etwa ein Viertel der chinesischen Wirtschaft aus. Ein Rückgang der Immobilienpreise könnte dem Wirtschaftswachstum des Landes einen „fatalen Schlag“ versetzen, so Edward Huang, ein auf die chinesische Wirtschaft spezialisierter taiwanesischer Kommentator. „China hat versucht zu verhindern, dass der Immobiliensektor in Schwierigkeiten gerät. Aber die US-Sanktionen und die Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft haben die Branche unter Druck gesetzt; wenn die Immobilienpreise stark fallen, wird das wiederum die Wirtschaft unter Druck setzen“, sagte er der in New York ansässigen „Epoch Times“. „Es handelt sich um ein strukturelles Problem, das nur sehr schwer zu ändern ist.“

Die Zukunftsaussichten für Chinas Immobilienmarkt würden davon abhängen, wie lange es dauert, bis die Immobilienblase platzt, sagte Huang. Wenn die Blase langsam platzen würde, wäre der daraus resultierende wirtschaftliche Schaden zwar relativ gering, würde aber langfristig das Wirtschaftswachstum Chinas beeinträchtigen, so Huang. Umgekehrt wäre ein schnelles Platzen der Blase für China „tragisch“, sagte er.

„Unabhängig von den Szenarien bedeutet dies das Ende des atemberaubenden Wirtschaftsbooms in China, da Immobilien ein wichtiger Motor für die Wirtschaft sind“, so der Experte. Mehr zum Thema: China wappnet sich für Evergrande-Kollaps – Deutsche Autoindustrie zittert

TRT Deutsch und Agenturen