Erstmals seit Ende März hat die Bundesnetzagentur in ihrem täglichen Bericht zur Gasversorgung die Lage als „angespannt“ bezeichnet. „Die Gasversorgung in Deutschland ist im Moment aber stabil“, schrieb die Behörde in ihrem am Freitagmittag veröffentlichten Bericht. Die Versorgungssicherheit in Deutschland sei derzeit gewährleistet.
Grund für die Neubewertung ist eine geringere Gasliefermenge durch die Ostseepipeline Nord Stream in den vergangenen Tagen. Dabei hatte der russische Staatskonzern Gazprom den Fluss auf 40 Prozent der Maximalleistung gedrosselt und dies mit Verzögerungen bei der Reparatur von Verdichterturbinen begründet. „Von dieser Reduktion ist seit Mitte der Woche auch die Weitergabe von Gas in andere europäische Länder wie zum Beispiel Frankreich, Österreich und Tschechien betroffen.“ Den Lagebericht erstellt die Behörde seit dem 31. März fast täglich. Derzeit erscheint er von Montag bis Freitag.
Die von den ausbleibenden Lieferungen betroffenen Unternehmen könnten die Gasmengen zurzeit beschaffen, hieß es. Deutschlands größter Importeur von russischem Erdgas, Uniper, berichtete, dass am Freitag rund 60 Prozent weniger Gas als angemeldet angekommen sei. „Seit Anfang der Woche ist immer weniger gekommen als das, was wir angemeldet haben“, sagte ein Sprecher. Im Moment ersetze man die fehlende Menge durch andere Quellen. Man stehe in engem Austausch mit der deutschen Regierung.
Die Netzagentur betonte, dass im Moment weiter Gas eingespeichert werden könne. Gegenüber Donnerstag sei die Einspeicherung leicht gestiegen. Der Füllstand aller deutschen Speicher kletterte nach jüngsten Zahlen auf über 56 Prozent. Ziel sind 90 Prozent am 1. November.
Nach Preissprüngen in den vergangenen Tagen legte der Gaspreis im Großhandel am Freitag nur leicht zu. Am niederländischen Handelsplatz TTF kostete im Juli zu lieferndes Erdgas am Nachmittag pro Megawattstunde 125,50 Euro nach 124,40 Euro am Vortag. Am Montag hatte der Preis noch 83,40 Euro betragen und am Mittwoch vor einer Woche 79,40 Euro. Experten rechnen damit, dass die gestiegenen Beschaffungspreise mit Verzögerung auch bei Verbrauchern für stark steigende Preise sorgen werden.
17 Juni 2022
dpa
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