Symbolbild: Fachkräftemangel (dpa)
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Der Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft hat neue Höchststände erreicht: Nach Angaben der staatlichen Förderbank KfW beklagten im April 44 Prozent der Unternehmen eine Beeinträchtigung ihrer Geschäftstätigkeit wegen fehlenden Fachpersonals, ein „neuer bisheriger Höhepunkt“. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verwies darauf, dass „gezielte Fachkräfte-Einwanderung“ nötig sei und versprach, dass Verfahren zur Berufsanerkennung beschleunigt werden.

Bei der vorherigen Erhebung im Oktober lag der Wert im Fachkräftebarometer, das die KfW gemeinsam mit dem Ifo erstellt, bei 43 Prozent, wie es am Dienstag hieß. Spitzenreiter war nun erneut der Dienstleistungssektor, wo fast jedes zweite Unternehmen über fehlendes Fachpersonal klagt (48 Prozent). Das Verarbeitende Gewerbe erreichte mit 40 Prozent den höchsten Stand seit 30 Jahren, im Bau mangelte es zuletzt in 36 Prozent der Firmen an Fachkräften, im Handel waren es 34 Prozent.
Mangel an 320.000 Fachkräften in den naturwissenschaftlich-technischen Berufen
Dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge fehlten der deutschen Industrie im April allein in den naturwissenschaftlich-technischen Berufen rund 320.000 Fachkräfte. Diese Fachkräftelücke ist damit mehr als doppelt so groß wie vor einem Jahr und zugleich größer als in vorangegangen Erhebungen seit 2011 in dieser Jahreszeit, zitierte die „FAZ“ Angaben des IW.

Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Holger Schwannecke, bestätigte den Trend auch für seine Branche. Er sagte im „Morgenmagazin“ der ARD, es mangele „in der Tat“ an ausreichend qualifizierten Fachkräften. Das habe mehrere Gründe - zum einen gebe es rund 100.000 weniger Schulabgänger als vor zehn Jahren, zudem fehle es an „Wertschätzung für Handwerker“ und „Kenntnis über Zukunftsaussichten in diesen Berufen“. Da müsse die Werbetrommel noch kräftiger gerührt werden.

Die KfW warnte davor, bei Engpässen, die den Aufschwung behindern, „nur an Rohstoffe und Vorleistungen aus dem Ausland zu denken“. Auch der Fachkräftemangel habe erhebliche Auswirkungen und diese seien „auf längere Sicht vermutlich noch gravierender“. Nötig sei unter anderem mehr Einwanderung von Arbeitskräften. Das IW verwies auf die besondere Bedeutung der MINT-Berufe bei der Einwanderung. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Dramatische Lage am Bau und in der Industrie

Heil sagte dazu dem Sender NDR Info, die Berufsanerkennungsverfahren für Geflüchtete müssten beschleunigt werden. „Ich habe die Jobcenter angewiesen, dass sie erstmal sofort erfassen, in welchem Beruf die Menschen früher gearbeitet haben, damit sie sich gezielt auch in den Kompetenzen bewerben können, die sie haben.“ Damit bezog er sich auf die Ukraine-Flüchtlinge.

Dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zufolge rechnet ein Drittel der von ihm befragten über 25.000 Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten mit schlechteren Geschäften. „Selbst wenn der Krieg Russlands in der Ukraine hoffentlich bald enden würde, sorgen Lieferkettenprobleme und die hohen Energie- und Rohstoffpreise dafür, dass wir für dieses Jahr maximal ein bis 1,5 Prozent Wachstum erhoffen“, erklärte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.

Besonders dramatisch verschlechterten sich demnach die Geschäftserwartungen am Bau und in der Industrie. Als größte Risiken sehen quer über alle Branchen und Regionen hinweg derzeit 78 Prozent der Betriebe die Energie- und Rohstoffpreise. In der Industrie seien es sogar 93 Prozent und am Bau 91 Prozent.

AFP