UN-Sicherheitsrat tagt  im UN-Hauptquartier in New York City.  (Reuters)
Folgen

Die USA haben vom UN-Sicherheitsrat die Wiedereinsetzung aller Sanktionen der Vereinten Nationen gegen den Iran verlangt. Außenminister Mike Pompeo übergab dem amtierenden Präsidenten des Gremiums, Indonesiens UN-Botschafter Dian Triansyah Djani, wie angekündigt am Donnerstag einen Brief, um den sogenannten Snapback-Mechanismus auszulösen.

Es ist heftig umstritten, ob die USA dazu berechtigt sind, weil die Regierung von Präsident Donald Trump 2018 das internationale Atomabkommen mit dem Iran einseitig gekündigt und damit gebrochen hatte.
Dem mächtigsten UN-Gremium droht nun eine Krise. Eine Wiedereinsetzung aller UN-Sanktionen würde das faktische Ende des Regelwerks bedeuten. Das wollen die übrigen Mitglieder der Verhandlungsgruppe - darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien - verhindern. In dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, schreibt Pompeo von einer „erheblichen Nichterfüllung“ des Iran im Atomabkommen. Mit dem Schreiben sei der Snapback „eingeleitet“.
Beim Snapback (deutsch: Zurückschnappen) handelt es sich um eine Möglichkeit für die Staaten des Atomabkommens von 2015, iranische Regelverstöße vor dem Sicherheitsrat anzuprangern. Damit kann innerhalb von 30 Tagen die Wiedereinsetzung aller UN-Sanktionen aus der Zeit vor der Einigung erzwungen werden - ohne, dass andere Mitglieder dies mit einem Veto verhindern könnten.
Die Amerikaner sind der Auffassung, dass für den Snapback die Nennung der USA in der UN-Resolution ausreicht, die das Atomabkommen in internationales Recht übersetzt. Die meisten Länder im Sicherheitsrat und auch die EU sehen das aber anders. Ein mit nur zwei von 15 Stimmen abgeschmetterter Vorschlag der Amerikaner für eine Verlängerung des Waffen-Embargos für den Iran zeigte, dass die USA bei dem Thema im Sicherheitsrat weitgehend isoliert sind.
Mitglieder könnten Snapback ignorieren
Der Streit könnte zu einer Spaltung bei der Frage führen, ob die alten Sanktionen gegen den Iran nun wieder gelten oder nicht. Westliche Diplomaten kündigten an, die meisten Mitglieder könnten einen von den USA ausgelösten Snapback faktisch ignorieren. Dies wiederum könnte im Rat auch zu transatlantischen Verwerfungen und einer Krise führen. Die Anrufung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag scheint dagegen unwahrscheinlich.
Das festgelegte Prozedere besagt, dass der Sicherheitsrat nach dem Auslösen des Mechanismus eine Frist von 30 Tagen hat, um das „Zurückschnappen“ der Sanktionen zu verhindern - dies wiederum könnte von einer Vetomacht wie den USA aber verhindert werden. Experten vermuten momentan, dass es bis Mitte September - bis die 30 Tage vorbei sind und der Snapback aus US-Sicht vollendet sein müsste - wenig Bewegung gibt. Vielschichtige Dynamiken hinter den Kulissen könnten die Lage aber verändern.

Die UN-Vetomächte USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland und der Iran hatten sich 2015 in Wien auf das Abkommen geeinigt, das Teheran eine friedliche Nutzung der Kernkraft gestattet, aber die Entwicklung von Atomwaffen verwehrt. Es stellte die iranische Atomindustrie unter Kontrolle und sagte den Abbau westlicher Wirtschaftssanktionen zu. Trump ist seit Jahren gegen den Atomdeal. Ihm dürfte der Snapback für seine Kampagne des „maximalen Drucks“ auf Teheran vor der Präsidentenwahl im November gut passen.
Viele Diplomaten sehen ein auslaufendes Waffenembargo gegen den Iran als kaum verhohlenen Vorwand der USA dafür, das von Trump verschmähte Abkommen aus Zeiten der Obama-Regierung ein für alle Mal aus den Angeln zu heben. Als Washington mit der Verlängerung des Embargos, das gemäß dem Atomabkommen ab 18. Oktober nicht mehr gilt, scheiterte, kündigte es als Konsequenz den Snapback an.
Teheran droht für den Fall der Wiedereinsetzung der Sanktionen mit einem Rückzug. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sagte, er erwarte von der UN und dem Sicherheitsrat, „dass sie diese Meuterei der US-Regierung unterbinden, um negative Auswirkungen auf internationale Zusammenarbeit sowie das Ansehen des UN-Sicherheitsrats zu verhindern“.

dpa