Bund und Länder beraten über Omikron – RKI fordert sofortige Maßnahmen /Archivbild: Olaf Scholz (L) und Karl Lauterbach (r)) (Others)
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Unter wachsendem Druck haben Bund und Länder über neue Einschränkungen gegen die befürchtete enorme Omikron-Welle in Deutschland beraten. Auf einer Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stand am Dienstag unter anderem eine Obergrenze von zehn Personen für Privattreffen ab 28. Dezember zur Diskussion.

„Schutzwall vor der 5. Welle so hoch wie möglich bauen“

Wenige Stunden vor der Spitzenrunde forderte das Robert Koch-Institut (RKI) in einer neuen Stellungnahme sofortige Maßnahmen wie die Schließung von Restaurants und eine Verlängerung der Weihnachtsferien für Schulen und Kitas. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst, forderte auf Twitter: „Bund und Länder müssen in einer gemeinsamen Strategie den Schutzwall vor der 5. Welle so hoch wie möglich bauen.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verlangte die Einsetzung des von der Ampel-Koalition erst beendeten Rechtsstatus der Epidemischen Lage nationalen Tragweite. Mit seinen Empfehlungen ging das RKI über die Stellungnahme des Expertenrats vom Sonntag hinaus. Aus „fachlicher Sicht“ empfahl Deutschlands oberste Seuchenbehörde zur sofortigen Umsetzung auch ein Verbot von Großveranstaltungen, die Schließung von Bars, Clubs und Diskotheken sowie bei Gottesdiensten und allen anderen Einrichtungen 2G plus - also Zugang nur für Geimpfte oder Genesene mit Test. Die größten Effekte auf die Dynamik der Omikron-Welle seien „von konsequenten und flächendeckenden Kontaktbeschränkungen“ und von Maßnahmen zur Infektionsvorbeugung zu erwarten.

Keine neuen Beschränkungen an Weihnachtstagen vorgesehen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) forderte schnell bundesweit schärfere Maßnahmen. „Ich werde heut' von Bundeskanzler Scholz in dieser Richtung Führung bestellen“, sagte er. Wüst schloss bei „Bild live“ auch einen Lockdown nicht aus: „Wir müssen jetzt Entscheidungen treffen, damit wir auch unsere kritische Infrastruktur beispielsweise aufrechterhalten.“ Söder warf der Bundesregierung in München vor, keine klare Linie vorzugeben. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte in der ARD, wenn sich die Situation mit Omikron weiter verschärfe, müsse man möglicherweise die Epidemische Lage wieder beschließen. Das Berliner Abgeordnetenhaus beschloss dies für das Land Berlin. Laut einem Beschluss-Entwurf für die Ministerpräsidentenkonferenz waren für die bevorstehenden Weihnachtstage keine neuen Beschränkungen vorgesehen. Schärfere Regeln sollen laut dem Beschlussentwurf von Montagnachmittag „spätestens ab 28. Dezember“ gelten: eine Obergrenze von zehn Personen bei privaten Zusammenkünften von Geimpften und Genesenen, die Schließung von Clubs und Diskotheken und leere Ränge bei Fußball- und anderen Großveranstaltungen. „Insbesondere Silvesterfeiern mit einer großen Anzahl von Personen sind in der gegenwärtigen Lage nicht zu verantworten“, so der Entwurf. Für Ungeimpfte bleibt es bei der geltenden Regel, dass sie sich über den eigenen Haushalt hinaus nur mit zwei Personen eines weiteren Haushalts treffen dürfen.

Experten warnen vor einer „neuen Dimension“

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) warnte vor zusätzlichen Einschränkungen für Kinder und Jugendliche. Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) will neue flächendeckende Schulschließungen „unbedingt vermeiden“, sagte sie. Mit ihren Aktivitäten reagieren Bund und Länder auf eine Stellungnahme des Corona-Expertenrats der Regierung vom Sonntag: Omikron kann demnach auch zweifach Geimpfte sowie Genesene leicht anstecken. „Dies kann zu einer explosionsartigen Verbreitung führen.“ Die Expertinnen und Experten warnten vor einer „neuen Dimension“ der Pandemie. Kliniken stünden vor starker Überlastung. Ein Teil der Bevölkerung könnte wegen Krankheit oder Quarantäne auch als Beschäftigte ausfallen. Gefährdet sei das Funktionieren von Versorgungs- und Sicherheitssystemen. Der Saarbrücker Modellierer Thorsten Lehr sagte dem Fernsehsender ntv, abhängig von den Maßnahmen könnten die Inzidenzen Anfang des Jahres um die 1000 liegen. „Da sehen wir wirklich eine relativ starke Wand auf uns zukommen.“ Vorerst sank die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz im Vergleich zum Vortag am Dienstag wieder etwas - von 316,0 auf 306,4 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern und Woche. Binnen eines Tages gab es offiziell 23.428 Neuinfektionen und 462 Todesfälle.

Auffrischimpfung kann stärker vor Omikron schützen

Einen Schwerpunkt ihres Kampfes gegen Omikron legen Bund und Länder auf die Impfkampagne. Sie soll laut Vorlage für die Bund-Länder-Runde auch „über Weihnachten, an den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester und an Silvester“ weiterlaufen. Denn Ungeimpfte haben ein besonderes Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken. Doppelt Geimpfte sind gegen eine Ansteckung durch Omikron nicht gut geschützt und können das Virus weitergeben. Erst eine Auffrischimpfung schützt stärker auch vor Omikron - aber nicht komplett. Mindestens 32,6 Prozent der Gesamtbevölkerung haben inzwischen eine Auffrischungsimpfung bekommen. Mindestens 70,4 Prozent sind demnach bisher zweifach geimpft oder haben die Einmal-Impfung von Johnson & Johnson erhalten. Im Schnitt wurden in den vergangenen sieben Tagen 1,1 Millionen Impfungen pro Tag verabreicht.

dpa