Die AfD gerät wegen radikaler Chat-Inhalte unter Druck. (dpa)
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Die bayerische AfD gerät wegen eines internen Chats mit teilweise unverhohlen extremistischen Inhalten massiv unter Druck. Der Bayerische Rundfunk zitierte am Mittwoch aus Inhalten einer geschlossenen Telegram-Gruppe mit dem Namen „Alternative Nachrichtengruppe Bayern“, die BR-Reportern zugespielt worden seien. Die Auszüge zeigen Umsturz-Fantasien und Gewaltaufrufe von Politikern und Mitgliedern. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht damit die Frage nach Beobachtung einzelner Abgeordneter und der Partei als Ganzes neu gestellt.

Abgeordnete überregionaler Körperschaften mit dabei Mit in der Gruppe sind demnach auch große Teile der Landtagsfraktion, der bayerischen AfD-Bundestagsgruppe und des Landesvorstands. In der Gruppe sollen sich rund 200 Mitglieder befinden, darunter 13 der 16 bayerischen Landtagsabgeordneten und 11 der 12 Bundestagsabgeordneten der AfD. „Ohne Umsturz und Revolution erreichen wir hier keinen Kurswechsel mehr“, schrieb laut BR-Bericht etwa ein AfD-Kreisvorsitzender. Ein weiterer AfD-Mann, der inzwischen Mitglied im AfD-Landesvorstand ist, schrieb dem BR zufolge: „Bekämpft bitte (oder auch gefälligst) mit dem vielen Geld, das ihr vier lange, weitere Jahre egal in welcher Partei bekommt, das Deutschland meuchelnde System. Das erwarten unsere Wähler. Der Widerstand der Straße würde es euch danken.“ Bürgerkriegsgedanken und anti-muslimische Angriffsvorschläge In einer weiteren Nachricht heißt es laut BR-Bericht: „Denke, dass wir ohne Bürgerkrieg aus dieser Nummer nicht mehr rauskommen werden.“ „Wir brauchen die totale Revolution. Anzünden müsste man diese ganze Politik“, soll es in einer anderen Nachricht heißen, die von einem Kreisvorsitzenden aus Oberbayern stammen soll. Auch über anti-muslimische Angriffe sei in der Gruppe geschrieben worden. Ein Europaparlamentarier soll in der Gruppe unter anderem vorgeschlagen haben, einen Schweinekopf vor eine Moschee zu legen. In der Gruppe sollen ebenfalls Corona-Verschwörungstheorien verbreitet worden sein. Der Lindauer AfD-Mann Rainer Rothfuß soll von einer „Impfdiktatur“ geschrieben haben, die dem Zweck diene, die weißen und reichen Menschen aus dem Westen auszulöschen. Die Impfungen seien ein „Genozid an den reichen Europäern und Nordamerikanern, die sich die Impfung leisten können“, zitiert der BR aus dem Chat. AfD-Landesvorsitzender bestätigt die Existenz der Gruppe Der neue AfD-Landesvorsitzende, der Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Existenz der Gruppe. Allerdings stehe diese nicht in der Verantwortung beziehungsweise Verwaltung der AfD Bayern. Protschka erklärte zudem: „Es gab keine Diskussionsbeiträge, bei denen zu Umsturz und/oder Gewalt aufgerufen wurde.“ Hätte es solche Aufrufe gegeben, hätten die Inhaber oder Administratoren, die fürs Mitlesen verantwortlich seien, den Verfasser gesperrt, da sei er sich sicher. „Es war eine öffentliche Gruppe, in der auch Nichtmitglieder der AfD eintreten konnten“, erklärte Protschka. „Sie wurde jetzt vorübergehend auf geschlossen umgestellt.“ In AfD-Kreisen war von mehr als 250 Gruppenmitgliedern die Rede. Fast alle Beiträge in der Gruppe seien vernünftigen Inhalts und beträfen das politische Tagesgeschäft. Dem BR habe Protschka mitgeteilt, er habe die Gruppe seit einiger Zeit stumm geschaltet. Protschka soll dabei dem Bericht zufolge einer der Administratoren des Chats sein. Zuvor habe der Landeschef in einer Mail allen Parteimitgliedern empfohlen, zu den Recherchen zu schweigen. Bayerns Innenminister nennt die Chats erschreckend Herrmann nannte die Chats erschreckend. „Sie machen deutlich, dass offensichtlich gerade in den Führungsgremien der AfD auch Leute unterwegs sind, auch Parlamentarier, die offensichtlich Gewalt überhaupt nicht ausschließen, die ernsthaft über Bürgerkrieg und ähnliches nachdenken“, sagte er am Rande einer Landtagssitzung in München. Der Verfassungsschutz werde den Chat, wenn er die Unterlagen denn bekomme, sorgfältig auswerten. Es stelle sich die Frage, inwieweit die betreffenden Abgeordneten beobachtet werden müssten - auch wenn dafür normalerweise besondere Anforderungen zu erfüllen seien - und „inwieweit daraus dann auch sich zusätzliche Argumente für eine Beobachtung der AfD insgesamt ableiten“.

TRT Deutsch und Agenturen