12. Mai 2022, Berlin: Der entlassene ukrainische Botschafter Andriy Melnyk. (Others)
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Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, muss seinen Posten räumen. Staatschef Wolodymyr Selenskyj unterzeichnete am Samstag ein Dekret, mit dem er Melnyk und eine Reihe weiterer ukrainischer Botschafter austauschte. Melnyk hatte Deutschlands Politik angesichts des Kiegs in seiner Heimat immer wieder scharf kritisiert und zuletzt mit Äußerungen über den umstrittenen Nationalistenführer Stepan Bandera für Aufsehen gesorgt.

Melnyk hatte Bandera als ukrainischen „Freiheitskämpfer“ bezeichnet und dessen Verantwortung für Massaker an Juden und Polen im Zweiten Weltkrieg bestritten. Bandera ist eine der umstrittensten Figuren der ukrainischen Geschichte. Vielen Ukrainern gilt er als Nationalheld, der im Zweiten Weltkrieg als Anführer ukrainischer Nationalisten gegen die sowjetische Herrschaft kämpfte. Historiker werfen ihm jedoch seine Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten vor.

Unter anderem aus Israel und Polen kam scharfe Kritik an Melnyks Äußerungen. Das Außenministerium in Kiew ging später auf Distanz mit seinem Botschafter in Berlin. Melnyks Äußerungen über Bandera seien „seine eigene“ Meinung und „nicht die Position des Außenministeriums der Ukraine“, hieß es. Wiederholt scharfe Kritik Melnyks an Bundesregierung

Zuvor hatte der Diplomat wiederholt mit scharfer Kritik an der Bundesregierung und vehementen Forderungen nach Waffenlieferungen und anderer Unterstützung für die Ukraine für Aufsehen gesorgt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete er als „beleidigte Leberwurst“, weil dieser sich nach der Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zunächst geweigert hatte, nach Kiew zu reisen.

Neben Melnyk berief Selenskyj nun die Botschafter in Tschechien, Norwegen, Ungarn, Indien, Nepal, den Malediven, Sri Lanka und Bangladesch zurück. Zu den Gründen oder neuen Aufgabenbereichen für die abgezogenen Diplomaten machte das Präsidialamt zunächst keine Angaben.

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AFP