17.06.2021, Polen, Warschau: Frank-Walter Steinmeier (l.), Bundespräsident von Deutschland, und Andrzej Duda (r.), Präsident von Polen, treffen sich mit ihren Delegationen zu einem Gespräch im Amtssitz des polnischen Präsidenten. Bundespräsident Steinmeier weilt zu einem eintägigen Besuch anlässlich des 30. Jahrestages des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages in Warschau (Polen). (dpa)
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Dreißig Jahre nach Unterzeichnung des Nachbarschaftsvertrags mit Deutschland hat Polens Präsident Andrzej Duda größere deutsche Anstrengungen zur Aussöhnung und zur Überwindung der schwierigen Vergangenheit gefordert. Bei einer Diskussionsveranstaltung mit deutschen und polnischen Jugendlichen dankte Duda dem deutschen Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier dafür, dass dieser bei einem früheren Polen-Besuch für die deutschen Verbrechen in Polen um Vergebung gebeten habe. „Solche Worte bauen Freundschaft und Versöhnung auf“, sagte Duda - und fügte hinzu: „Aber wir brauchen auch konkrete Taten.“

Konkret forderte Duda den Beginn eines Dialogs über die Rückgabe von Kulturgütern, die während der deutschen Besatzung geraubt worden seien. Duda bezifferte deren Zahl auf eine Million. Zudem wies er darauf hin, dass während der deutschen Besatzung 70 Prozent des Architekturbestands in Polen zerstört worden sei. „Es ist wichtig, dass wir diese Dinge in Ordnung bringen“, sagte Duda. „Wir warten auf weitere Taten, so dass wir den Versöhnungsprozess abschließen können.“ Im deutsch-polnischen Verhältnis dürfe es „keinen Raum für weiße Flecken, Tabuthemen und Verlogenheit geben“.

Polens Präsident wiederholte bei dieser Gelegenheit nicht die Forderung nach Zahlung von Reparationen für die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, wie sie zuvor regelmäßig von der nationalkonservativen Regierungspartei PiS erhoben wurden. Deren Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski bezifferte das Volumen der diesbezüglichen Ansprüche auf „mehrere hundert Milliarden Euro“.

Steinmeier ging in seiner Ansprache vor den deutschen und polnischen Jugendlichen nur kurz auf Dudas Kritik ein. „Die Geschichte wiegt schwer in den deutsch-polnischen Beziehungen“, sagte er. Steinmeier warb um Vertrauen und würdigte die vertiefte Zusammenarbeit, die der vor 30 Jahren unterzeichnete Nachbarschaftsvertrag ermöglicht habe. Der Vertrag sei „vor dem Hintergrund der schwierigen Geschichte unserer Länder ein Geschenk - ein Geschenk, das man aber auch pflegen muss“, sagte er. Die Partnerschaft zwischen Deutschland und Polen sei seit Unterzeichnung der Vertrags „förmlich aufgeblüht“.

AFP