27.10.2021, Italien, Rom: Bewaffnete Polizisten halten Waffen in der Hand, als sie in der Nähe des Trevi-Brunnens patrouillieren. Am Wochenende ist der G20-Gipfel in Rom geplant. (dpa)
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Tausende Polizisten und Soldaten auf der Straße, Flugverbotszonen über der Stadt, massive Überwachung von Hotels, Regierungsgebäuden und Sehenswürdigkeiten: Mit einem XXL-Sicherheitskonzept wappnet sich Italien vor möglichen Ausschreitungen und Chaos beim G20-Gipfel in Rom. Wenn sich am Wochenende die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen der Welt treffen, soll Randale wie etwa 2001 in Genua oder 2017 in Hamburg vermieden werden. „Dies ist ein Moment größter Anspannung“, sagt die verantwortliche Innenministerin Luciana Lamorgese. Sie gehe die Aufgabe zusammen mit der zuständigen Polizia di Stato von Rom aber „mit Geduld und Toleranz“ an, kündigt die erfahrene Beamtin an. Italiener fürchten sich vor Protesten Die Italiener wollen sich vor den Augen der Welt, beim Höhepunkt dieses Jahres als Vorsitzende der G20-Gruppe, nicht blamieren. Als Warnung dient den Sicherheitskräften eine Demo von Gegnern der Corona-Politik Anfang Oktober in Rom, die eskalierte: Mehrere Polizisten wurden verletzt, Randalierer und Rechtsextreme stürmten die Zentrale einer großen Gewerkschaft. Vor dem Amtssitz des Ministerpräsidenten wurden sie erst von Wasserwerfern zurückgedrängt. Die Sorge ist, dass sich am Wochenende auf der größtmöglichen Bühne organisierte Krawallmacher mit Impf- und Regierungsgegnern, linken und rechten Extremisten sowie Klimaaktivisten zusammenschließen, um für Chaos zu sorgen. Die Polizei geht nach eigener Aussage zwar nicht von vielen gewaltbereiten Demonstranten aus, die aus dem Ausland anreisen. Allerdings verschärften sich in Italien zuletzt bereits die Spannungen bei den vielen Protesten gegen die Corona-Politik von Regierungschef Mario Draghi. Immer wieder kam es zu Polizeieinsätzen. Personelle Aufstockung als Vorsichtsmaßnahme Damit es am Wochenende mit den beiden Gipfeltagen Samstag und Sonntag sowie dem Freitag, an dem vorbereitende und bilaterale Treffen der Politiker anstehen, erst gar nicht zur Eskalation kommt, wurden die Einsatzkräfte personell aufgestockt. Die Anzahl der Beamten wurde wenige Tage vor dem Großevent nicht verraten, dem Vernehmen nach sind mehrere Tausend Einsatzkräfte eingeplant. 500 zusätzliche Soldaten der Operation „Strade Sicure“ (Sichere Straßen) sollen vor allem wichtige Punkte in der Stadt wie Sehenswürdigkeiten, Regierungs- und Botschaftsgebäude und auch die Hotels der mehr als 20 internationalen Delegationen bewachen. Über Teilen der Innenstadt mit dem Zentrum und den Gegenden mit den Teilnehmerhotels gelten Flugverbotszonen, auch für Drohnen. Der Luftraum wird von einer Spezialeinheit des Militärs überwacht, zwei Dutzend Hubschrauber sollen zur Überwachung über Rom kreisen. Das G20-Tagungszentrum Nuvola sowie der Kongresspalast mit dem Pressezentrum liegen im Stadtviertel namens Eur etwa zehn Kilometer südlich des historischen Zentrums und sind in einer „Roten Zone“ weiträumig abgeriegelt - ohne Sondererlaubnis oder Akkreditierung kommt keiner in dieses etwa zehn Quadratkilometer große Areal rein. Scharfschützen werden auf den Dächern postiert, die Feuerwehr ist mit Equipment gegen chemische und biologische Waffen vor Ort. Bereits zwei Protestaktionen angemeldet Bis Mittwoch waren in Rom in großer Entfernung zum Tagungszentrum zwei Protestaktionen angemeldet, wie die Stadt bestätigte: am frühen Samstagnachmittag eine Kundgebung der Partei „Rifondazione Comunista“ und kurz darauf ein Demo-Marsch, an dem Gruppen wie die Klima-Initiative Fridays for Future und Gewerkschaften teilnehmen wollen. Dabei werde mit etwa 10 000 Teilnehmern gerechnet. Für die größten Probleme könnten aber nicht angemeldete Kundgebungen und Aktionen sorgen. Um dem vorzubeugen beobachten die Sicherheitskräfte schon seit Wochen einschlägige Gruppen in Sozialen Netzwerken und überwachen zudem die Handys von bekannten Extremisten. Die massiven Sicherheitsvorkehrungen erklären sich auch aus den Erfahrungen bei internationalen Gipfeltreffen der letzten Jahre und Jahrzehnte. Immer wieder hat es heftige Ausschreitungen gegeben, vor allem bei Gipfeln in Europa. Genau 20 Jahre ist es her, dass bei einer Straßenschlacht am Rande des G8-Gipfels in Genua der 23-jährige italienische Student Carlo Giuliani von einem Polizisten erschossen wurde. Seitdem trifft sich die Gruppe führender westlicher Wirtschaftsmächte, die seit dem Ausschluss Russlands G7 heißt, in der Regel an abgeschiedenen Orten, die sich leicht sichern lassen. In diesem Sommer fand der G7-Gipfel beispielsweise in einem Badeort im südenglischen Cornwall statt. In Deutschland war es zu großen Krawallen gekommen Bei den G20-Gipfeln ist es wegen der deutlich größeren Teilnehmerzahl aus logistischen Gründen aber kaum möglich, sie aus den Metropolen herauszuhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel entschied sich 2017 für ihre Geburtsstadt Hamburg als Veranstaltungsort. Dort berieten die Staats- und Regierungschefs auf dem Messegelände in unmittelbarer Nachbarschaft des Schanzenviertels, in dem die linksautonome Szene stark verankert ist. Es kam zu massiven Krawallen. Autos gingen in Flammen auf, Geschäfte wurden zerstört und geplündert, eine Bankfiliale brannte aus. Die Innenbehörde schätzte den entstandenen Sachschaden auf mehr als zwölf Millionen Euro. Erster Bürgermeister Hamburgs war damals Olaf Scholz, dem vorgeworfen wurde, die Lage unterschätzt zu haben. Beim G20-Gipfel in Rom ist Scholz in anderer Funktion wieder dabei: als Finanzminister von Kanzlerin Merkel - und inoffiziell auch als ihr möglicher Nachfolger.

dpa