UN-Generalversammlung (Archivbild) / Photo: AA (AA)
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Viele Länder haben in den vergangenen Jahren Reformen bei den Vereinten Nationen (UN) gefordert. Es wurde auf Ungleichheiten hinsichtlich der Vertretung und strukturellen Ungerechtigkeiten hingewiesen. Dies liegt vor allem daran, dass nur fünf Länder in der UN-Generalversammlung ein Vetorecht besitzen.

Die Bemühungen um die UN-Reform begannen im Jahr 1993 mit der Gründung einer offenen Arbeitsgruppe innerhalb der Generalversammlung. Diese Arbeitsgruppe wurde im Jahr 2009 in ein zwischenstaatliches Verhandlungsformat umgewandelt.

Die Mitglieder der Vereinten Nationen sind sich in einigen Themen der Reform einig. Es bestehen jedoch Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Anzahl der Mitglieder der UN-Generalversammlung, der ständigen Mitgliedschaft und des Vetorechts.

Reformstudien, die einige Veränderungen im UN-System vorsehen, hat die türkische Nachrichtenagentur Anadolu zusammengestellt. Dazu gehören auch die Vorschläge der zwischenstaatlichen Gruppen, die diese Studien auf die Tagesordnung gesetzt haben.

Schwieriger Prozess

Gemäß Artikel 108 der UN-Charta ist für die Annahme eines Reformvorschlags in der UN-Generalversammlung eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen erforderlich.Im Anschluss daran muss dieser Reformvorschlag auch in den nationalen Parlamenten angenommen werden.

Voraussetzung ist die Anwesenheit aller fünf ständigen Mitglieder dieser Länder. Für die ständigen Mitglieder ist die Teilnahme an der Plenarsitzung auch im Falle einer Gegenstimme verpflichtend.

G4-Mitglieder streben Mitgliedschaft in der Generalversammlung an

Auch die G4 gehört zu den Befürwortern einer Reform der UN-Generalversammlung. Als G4 wird die Gruppe der Staaten aus Brasilien, Deutschland, Indien und Japan bezeichnet, die eine ständige Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat anstreben.

In einer gemeinsamen Erklärung vom März dieses Jahres schlug die G4-Gruppe vor, die Zahl der Sitze in der Generalversammlung auf 25 zu erhöhen. Sie soll aus sechs ständigen und vier nichtständigen Mitgliedern bestehen. Falls diese Länder in die UN-Generalversammlung aufgenommen werden, sollen die neuen ständigen Mitglieder für mindestens 15 Jahre auf ihr Vetorecht verzichten.

Afrikanische Länder als ständige Mitglieder der UN-Generalversammlung

Die afrikanische Gruppe besteht aus 54 Mitgliedern. Sie schlägt vor, den Sicherheitsrat auf 26 Mitglieder zu erweitern. Davon sollen zwei ständige und zwei nichtständige aus Afrika stammen.

Nach dem Vorschlag der Gruppe sollen die übrigen ständigen Mitglieder zwei aus Asien und jeweils eines aus Lateinamerika, Westeuropa oder der „anderen Gruppe von Staaten“ sein. Gleichzeitig werden Anträge auf vorübergehende Mitgliedschaft für jeweils ein asiatisches, osteuropäisches und lateinamerikanisches/karibisches Land gestellt.

China und Russland unzufrieden mit westlicher Dominanz

China plädiert für die Beteiligung von asiatischen, afrikanischen, lateinamerikanischen und arabischen Staaten. Es sieht die UN-Versammlung in einer instabilen Lage zwischen Nord und Süd.

Auch Russland spricht sich für eine Erweiterungspolitik aus: Die UN soll um asiatische, afrikanische und lateinamerikanische Länder erweitert werden.

L.69-Gruppe fordert ständige Mitgliedschaft für alle Regionen

Die L.69-Gruppe besteht aus Entwicklungsländern aus Afrika, Lateinamerika, der Karibik, Asien und dem Pazifik. Die Gruppe umfasst 32 Staaten, darunter Bolivien, Jamaika und Papua-Neuguinea. Auch sie setzt sich für eine Erhöhung der Mitgliederzahl der UN-Generalversammlung ein.

L.69 fordert eine rotierende Mitgliedschaft in der UN für kleine Inselstaate, die etwa 20 Prozent der UN-Mitgliedsstaaten ausmachen.

Darüber hinaus unterstützt die Gruppe die Idee einer ständigen Mitgliedschaft in der UN für Afrika, Asien, Lateinamerika, die Karibik, Westeuropa und die „andere Gruppe von Staaten“.

Arabische Gruppe gegen Beibehaltung des Vetorechts für fünf Staaten

Die Arabische Gruppe, bestehend aus den arabischen UN-Mitgliedsstaaten, unterstützt ebenfalls die Reformvorschläge. Ihr Hauptziel ist es, dass die arabischen Länder bei einer Erweiterung der Generalversammlung zu ständigen Mitgliedern werden.

Die Gruppe spricht sich gegen die Beibehaltung des Vetorechts der fünf ständigen Mitgliedsstaaten in der UN-Generalversammlung aus. Dies habe in der arabischen Welt in den vergangenen 80 Jahren zu Krisen geführt.

Die Gruppe „Unity for Consensus“ will eine Erweiterung auf 26 Mitglieder

Reformen fordert auch die „Unity for Consensus“-Gruppe, zu der Länder wie Argentinien, Italien, Spanien, Kanada, Mexiko und Pakistan gehören.

Die Gruppe schlägt vor, die Zahl der Mitglieder auf 26 zu erhöhen, wobei der Status der fünf ständigen Mitglieder beibehalten werden soll. Für einen Zeitraum von zwei Jahren sollen 20 nichtständige Mitglieder des Sicherheitsrates von der UN-Generalversammlung ernannt werden.

Von den 20 nichtständigen Mitgliedern sollen sechs aus Afrika, fünf aus Asien, vier aus Lateinamerika und der Karibik gewählt werden. Drei Mitglieder sollen aus Westeuropa und zwei aus Osteuropa stammen.

Die Gruppe unterstützt auch die Idee eines Systems, in dem eine Wiederwahl der vorläufigen Mitglieder des Rates möglich ist.

Starke Generalversammlung für verantwortliche UN

Weder die etwa 1,5 Milliarden Muslime noch die 1,2 Milliarden Menschen in den afrikanischen Ländern werden durch die ständigen Mitglieder der UN-Generalversammlung repräsentiert. Europa hat mit einem Anteil von etwa 5 Prozent an der Weltbevölkerung das Recht auf eine Vertretung durch zwei ständige Mitglieder im Rat.

Türkiye strebt danach, Ungleichheiten zu verhindern, damit die UN effektiv für den Weltfrieden arbeiten können. Die Reform soll auch die Rechenschaftspflicht der UN stärken.

In seinem Buch „Eine gerechtere Welt ist möglich“ (Daha Adil Bir Dünya Mümkün) fordet der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan: „Die UN sollte zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie nicht rechtzeitig auf Krisen reagiert“.

Da auch die Struktur der UN eine Rechenschaftspflicht verhindere, verstärke diese Situation Ungerechtigkeit und Ungleichheit innerhalb der UN. Ankara sieht die Stärkung der UN-Generalversammlung als notwendig an, um die Organisation demokratischer und rechenschaftspflichtiger zu gestalten.

Präsident Erdoğan macht in seinem Buch auch Vorschläge zur Stärkung der UN-Generalversammlung, darunter eine ständige Mitgliedschaft und die Abschaffung des Vetorechts.

Gleichzeitig soll die UN die Beschlüsse der Vollversammlung umsetzen. Diese ist als Exekutivorgan mit legislativen Aufgaben betraut. Gemäß dem Reformvorschlag soll die UN-Generalversammlung von den Mitgliedstaaten auf Zeit gewählt werden. Ein Vetorecht der Mitgliedstaaten soll dabei nicht vorgesehen sein.


TRT Deutsch