Militärputsch in Myanmar: Armeeführung kontrolliert Milliardengeschäfte (Archivbild: Myanmars bei einer Militärparade) (Reuters)
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Jade-Minen, Banken, Öl oder Tourismus: Die Militärjunta in Myanmar hat mit ihren Wirtschaftsaktivitäten ein Milliardenvermögen angehäuft. Die Generäle, die mit ihrem Putsch in der vergangenen Woche wieder die Macht an sich gerissen haben, kontrollieren Unternehmen in den verschiedensten Branchen. Die US-Regierung kündigte wegen des Staatsstreichs nun Sanktionen gegen die Militärführung an und fror Konten in den Vereinigten Staaten ein. US-Präsident Joe Biden erklärte am Mittwoch, den Generälen werde der Zugriff auf Vermögen Myanmars in den USA im Wert von einer Milliarde Dollar verwehrt. Experten gehen aber davon aus, dass die Armeeführung durch ihre Konglomerate weiterhin Zugang zu enormen Reichtümern hat. Das Netz an Firmen und Beteiligungen des Militärs ist weit verzweigt: Über die beiden Großkonzerne Myanmar Economic Holdings Limited (MEHL) und Myanmar Economic Corporation (MEC) sind die Generäle an mehr als 130 Unternehmen beteiligt, die sie zum Teil vollständig kontrollieren, wie die Nichtregierungsorganisation Justice for Myanmar (JFM) recherchierte. Die Militärführung selbst hält sich zu ihren unternehmerischen Aktivitäten bedeckt. Die Generäle sind in diversen Geschäftsfeldern aktiv: vom Handel mit Bier und Tabak über die Verkehrsbranche und die Textilindustrie bis hin zum Tourismus und zum Bankensektor. Über ihre MEHL-Holding kontrollieren sie außerdem den lukrativen und kaum regulierten Handel mit Jade und Rubinen, der jährlich mehrere Milliarden Dollar abwirft. Von den Einnahmen landet aber nur ein Bruchteil in den Staatskassen, da die meisten Steine von höchster Qualität nach China geschmuggelt werden.

Myanmar 49 Jahre lang vom Militär beherrscht

MEHL kooperiert unter anderem mit Unternehmen in China, Japan, Südkorea und Singapur. Zwischen 1990 und 2011 machte die Holding ihre Anteilseigner in Myanmar - allesamt aktive oder ehemalige Armeeangehörige - um rund 18 Milliarden Dollar reicher, wie Untersuchungen von Amnesty International ergaben. Demnach erhielt Armeechef Min Aung Hlaing, der als einer der Hauptaktionäre gilt, allein im Jahr 2011 eine Dividende von rund 250.000 Dollar. Seit seiner Unabhängigkeit 1948 wurde Myanmar 49 Jahre lang vom Militär beherrscht. „Sie hatten genug Zeit, sich einen großen Teil der Reichtümer unter den Nagel zu reißen“, sagt die Asien-Expertin Françoise Nicolas vom französischen Institut für internationale Beziehungen (IFRI). Die zehnjährige Phase des demokratischen Wandels, die mit dem Putsch jäh endete, änderte daran wenig. Doch der deutliche Sieg der Partei von De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi bei der Parlamentswahl im November habe die Generäle offenbar in Sorge versetzt. „Dies bedrohte Teile ihres Reichtums und hat sehr wahrscheinlich zu ihrer Entscheidung für den Putsch beigetragen“, sagt Nicolas. Nach der Machtübernahme kontrolliert das Militär nun wieder den staatlichen Öl- und Gaskonzern MOGE, der Geschäftsbeziehungen zum französischen Unternehmen Total und dem US-Konzern Chevron unterhält. Für Myanmar sind die Erlöse aus dem Verkauf von Erdgas eine entscheidende Einnahmequelle.

US-Sanktionen gegen die militärischen Anführer angekündigt

Als einzige ausländische Unternehmen haben bislang die japanische Brauerei Kirin und die Ölgesellschaft Puma aus Singapur angekündigt, ihre Aktivitäten in Myanmar ruhen zu lassen. Der Energiekonzern Total, der auf dem Offshore-Gasfeld Yadana tätig ist, kündigte an, „die Auswirkungen“ des Putsches zu prüfen. Ähnlich äußerte sich der australische Konzern Woodside, der in Myanmar mit Total kooperiert. US-Präsident Biden erklärte am Mittwoch, er habe ein Dekret unterzeichnet, um „sofort Sanktionen gegen die militärischen Anführer, die den Coup angeführt haben, ihre Geschäftsinteressen und enge Familienmitglieder“ verhängen zu können. Im Verlauf der Woche werde eine erste Liste mit Putschverantwortlichen erstellt, die Ziel von Sanktionen würden, sagte Biden. Debbie Stothard von der Internationalen Liga für Menschenrechte hofft darauf, dass sich die US-Sanktionen auch gegen die vom Militär kontrollierten Unternehmen richten. Sie rief die internationalen Konzerne auf, ihre Verbindungen zur Militärführung zu kappen. Die Blicke richten sich auch auf Singapur, den wichtigsten ausländischen Investor in Myanmar. Die Generäle hätten dort seit Mitte der 2000er viel investiert und verfügten über Bankvermögen in dem Stadtstaat. Singapur habe somit ein echtes Druckmittel gegen die Junta in der Hand.

AFP