15. Januar 2025, Chan Junis, Gaza: Palästinenser feiern nach der Bekanntgabe der Waffenruhe zwischen Hamas und Israel. / Photo: Nachrichtenagentur Anadolu (AA) (Others)
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Sie singen, tanzen, schwenken palästinensische Fahnen und machen Selfies. Schon lange gab es im Gazastreifen nicht mehr so ausgelassene Menschenmengen wie am Mittwochabend. Sobald aus Verhandlungskreisen in Katar verlautet, dass nun endlich eine Einigung der Hamas und Israels über eine Waffenruhe gelungen ist, strömen an vielen Orten im Gazastreifen Menschen zusammen und zeigen ihre Erleichterung nach den bereits 15 zermürbenden Kriegsmonaten mit spontanen Siegesfeiern.

Als Israel warnt, dass einzelne Punkte der Vereinbarung mit der Palästinenserorganisation Hamas noch ungeklärt seien, sind die Feiern im Gazastreifen bereits im Gange, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichten. Die Menschen lachen und fallen sich in die Arme.

„Ich kann nicht glauben, dass dieser Alptraum von mehr als einem Jahr endlich zu Ende geht. Wir haben so viele Menschen verloren, wir haben alles verloren,“ sagt die 45-jährige Randa Samih, die von der Stadt Gaza in die Flüchtlingssiedlung Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens geflohen ist.

Die Menschen in dem Palästinensergebiet bräuchten „viel Ruhe“, schildert Samih. „Sobald der Waffenstillstand beginnt, werde ich zum Friedhof gehen, um meinen Bruder und Familienmitglieder zu besuchen.“

Auch vor dem Al-Aksa-Krankenhaus in Deir al-Balah, in das in den vergangenen Monaten zahlreiche Kriegsopfer eingeliefert wurden, versammeln sich hunderte Palästinenser in fröhlicher Stimmung. Jemand aus der Menge und ein Journalist werden auf die Schultern der Menschen gehoben, damit sie ein Interview über die bevorstehende Waffenruhe führen können. Eine Gruppe junger Männer stimmt einen populären Sprechchor über den Widerstand der Palästinenser an.

Auch in Chan Junis im Süden des Gazastreifens versammeln sich große Menschenmengen. Junge Männer heben sich gegenseitig auf ihre Schultern. Trommelschläge und Jubelrufe hallen durch die Nacht.

In der Stadt Gaza sagt der Krankenhausarzt Fadel Naim noch in seinem OP-Kittel, er habe gemischte Gefühle - sowohl „Trauer um diejenigen, die wir verloren haben“, als auch „unbeschreibliche Freude über das Ende dieses Massakers“.

Der 27-jährige Abdul Karim sagt, er fühle „Freude trotz allem, was wir verloren haben“. „Ich kann nicht glauben, dass ich endlich meine Frau und meine zwei Kinder wiedersehen werde“, fügt er hinzu. Sie seien vor fast einem Jahr in den Süden des Gazastreifens gezogen und er hoffe, „dass man den Vertriebenen erlaubt, schnell zurückzukehren“.

In Ramallah im besetzten Westjordanland verteilen einige Bewohner Süßigkeiten und umarmen sich auf dem Hauptplatz. Große Menschenmengen haben sich in diesem Palästinensergebiet jedoch nicht versammelt. Omar Assaf, ein Bewohner von Ramallah, sagt auf dem Al-Manara-Platz, er sehe das Abkommen als einen Sieg für die Palästinenser. Deren Widerstand sei ungebrochen.

Das am Mittwoch vereinbarte Abkommen soll die Kämpfe im Gazastreifen für zunächst 42 Tage stoppen. 33 in den Gazastreifen verschleppte Geiseln sollen im Austausch gegen palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen freigelassen werden.

Beim Vergeltungsanschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 hatten Widerstandskämpfer verschiedener Gruppen rund 250 Israelis in den besetzten Gebieten gefangen genommen. Rund 100 davon werden noch in Gaza vermutet. Mehrere Israelis in Gaza wurden bei Angriffen des israelischen Militärs getötet.

Israel begann nach dem Vergeltungsschlag der Hamas einen Vernichtungskrieg in Gaza. Laut Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden dabei bislang mehr als 46.700 Menschen getötet und mindestens 110.000 weitere verletzt.

TRT Deutsch und Agenturen