Wegen der dramatischen Lage am Flughafen von Kabul können dringend benötigte medizinische Güter nicht nach Afghanistan eingeflogen werden. Es gehe um mehr als 500 Tonnen Medikamente, Spezialnahrung und Ausrüstung wie chirurgische Instrumente, sagte die Sprecherin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Inas Hamam, am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf. Mit diesen Hilfsgütern könnten demnach Hunderttausende Menschen versorgt werden. Allein eine Millionen Kinder leiden laut Unicef derzeit unter schwerer akuter Mangelernährung.
Seit der Machtübernahme der Taliban vor etwa einer Woche bringen westliche Länder ihre Staatsangehörigen und weitere schutzbedürftige Menschen über den Flughafen Kabul außer Landes. Nach Angaben des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Eberhard Zorn, wurden am Sonntagabend die am Flughafen auf die Evakuierung wartenden Menschen mit Hilfsgütern versorgt. So seien über die usbekische Hauptstadt Taschkent vor allem Pflegeprodukte für Kleinkinder, Windeln, Feuchttücher sowie Nahrungsmittel, Schnuller und Kuscheltiere eingeflogen worden.
Lage auf Flughafen weiter „chaotisiert“
Nach Angaben von Außenminister Heiko Maas (SPD) steht das „Zeitfenster“ für die Evakuierungen nicht unbegrenzt offen. Seinen Angaben nach wurde mehr als 10.000 afghanischen Ortskräften und weiteren Schutzbedürftigen die Berechtigung erteilt, nach Deutschland zu kommen. Doch sie kämen nicht so leicht zum Flughafen. Die Lage dort habe sich weiter „chaotisiert“.
Bislang wurde von Evakuierungen bis zum 31. August ausgegangen, es wird aber über eine Verlängerung diskutiert. Ein Taliban-Führer erklärte in einem Interview mit dem britischen Sender Sky News in Doha wiederum, eine Verlängerung der Frist komme nicht in Frage. Maas sagte, es gebe derzeit Gespräche mit dem Ziel eines zivilen Weiterbetriebs des Flughafens, um auch weiterhin das AusfliegenSchutzbedürftiger zu ermöglichen. Darüber werde auch mit den Taliban gesprochen.
Ferner gebe es Gespräche mit den Nachbarländern Afghanistans, damit sie die Menschen über die Grenze und zu den deutschen Botschaften lassen, die dort Visaanträge stellen wollten. An den zuständigen Stellen werde auch das Personal dafür aufgestockt.
3.000 Menschen evakuiert
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums hat die Bundeswehr inzwischen rund 3.000 Menschen aus 43 Nationen evakuiert. Laut Bundesinnenministerium sind mittlerweile mehr als 1.800 afghanische Staatsbürger über die Evakuierungsflüge nach Deutschland eingereist.
Tausende, die vor den Taliban fliehen wollen, versuchten weiterhin auf das Flughafen-Gelände zu gelangen. In dem Gedränge kommen immerwieder Menschen zu Tode, allein am Sonntag starben mindestens sieben.
Am Montagmorgen kam es zu einem Feuergefecht zwischen unbekannten Angreifern und afghanischen Sicherheitskräften. Wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr auf Twitter mitteilte, waren auch deutsche und US-Soldaten an dem Gefecht beteiligt. Eine
afghanische Sicherheitskraft sei getötet worden, drei weitere seien verletzt worden. Deutsche Soldaten wurden den Angaben zufolge nicht verwundet.
Neue Offensive der Taliban
Derweil haben die Taliban drei Bezirke im Norden Afghanistans offenbar von örtlichen Milizen zurückerobert, wie der arabische Sender Al-Dschasira berichtete. Als erstes Anzeichen für einen sich formierenden Widerstand gegen die Taliban-Herrschaft hatten die
Milizen am Wochenende drei von den Aufständischen eroberte Distrikte in in der Baghlan-Provinz wiedergewonnen.
Die Taliban erklärten zudem, das Pandschir-Tal, die letzte nicht von ihnen nicht kontrollierte Provinz, sei von ihren Kämpfern eingeschlossen. In dem Tal etwa 150 Kilometer nördlich von Kabul hat Ahmed Massud, Sohn des früheren Nordallianz-Führers Ahmend Shah Massud, gemeinsam mit dem früheren afghanischen Vizepräsidenten Amrullah Saleh zum Widerstand aufgerufen.
24 Aug. 2021

Chaos am Flughafen Kabul: Medikamente gelangen nicht nach Afghanistan
Dringend benötigte medizinische Güter kommen wegen des Chaos am Flughafen von Kabul nicht nach Afghanistan. Die auf die Evakuierung wartenden Menschen mit Kleinkindern wurden immerhin mit Windeln, Schnullern und Kuscheltieren versorgt.
DPA
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