24.11.2020, Bremen: Karl-Heinz Knorr (l-r), Amtsleiter der Feuerwehr Bremen, Ulrich Mäurer (SPD), Senator für Inneres des Landes Bremen, und Karen Buse, Sonderermittlerin, sprechen bei einer Pressekonferenz über die Vorwürfe gegen Teile der Bremer Feuerwehr. (dpa)
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In der Bremer Berufsfeuerwehr sollen Beamte über Internet-Chats jahrelang rassistische und rechtsextremistische Inhalte ausgetauscht haben. Die Bremer Innenbehörde geht den Vorwürfen nach. Für die strafrechtlichen und disziplinarischen Ermittlungen sei eine Sonderermittlerin eingesetzt worden. Es gehe zum einen um rechtsradikale und rassistische Bilddokumente in einer Chatgruppe einer Wachabteilung und zum anderen um frauenfeindliche und sexistische Vorfälle und Mobbing.
„Um es ganz deutlich zu sagen: Was ich an Bildern und Kommentaren in dieser Chatgruppe gesehen habe, ist widerwärtig und abstoßend“, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Dienstag bei einer Pressekonferenz. „Für uns ist das eine mittlere Katastrophe.“ Die Innenbehörde habe am 8. Oktober Kenntnis von den Vorfällen erhalten. Er habe die Staatsschutzabteilung der Kripo gebeten, das Ermittlungsverfahren zu übernehmen. Auch das Landesamt für Verfassungsschutz ist einbezogen. Die Dokumente datierten bis 2015, so Mäurer.
Als Sonderermittlerin wurde die ehemalige Präsidentin des Bremer Oberlandesgerichts, Karen Buse, benannt. Nach ihren Angaben gehörten der Chatgruppe nur Männer an. Genauere Angaben über die Zahl der Gruppenmitglieder könnten nicht gemacht werden. Niedrig zweistellig, „vielleicht um die zehn“, sagte Buse. Die Feuerwehr Bremen hat insgesamt 1600 Mitglieder, davon rund 610 hauptberufliche Feuerwehrleute.
Die Staatsanwaltschaft Bremen bestätigte am Dienstag Ermittlungen gegen einen 52 Jahre alten Berufsfeuerwehrmann wegen des Verdachts auf Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Es habe in diesem Zusammenhang eine Wohnungsdurchsuchung gegeben, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Mäurer betonte, es seien Handys und Computer sichergestellt worden. „Der Hauptbeschuldigte ist vom Dienst suspendiert. Er darf das Dienstgebäude der Feuerwehr nicht mehr betreten.“
NDR, Radio Bremen und „Süddeutsche Zeitung“ hatten die Hinweise zeitgleich am 8. Oktober erhalten. Die Bremer Innenbehörde dankte den Medien, dass sie auf eine vorzeitige Berichterstattung verzichtet und so die Ermittlungen ermöglicht hätten. Die drei Medien berichteten von Zeugenaussagen, wonach der Hauptverdächtige unter anderem auf der Dienststelle ein Foto seiner Kinder vor Hakenkreuzfahnen herumzeigte. Auf der Arbeit habe er sich Aussagen zufolge häufig - auch über Funk oder von Vorgesetzten - mit seinem Spitznamen ansprechen lassen, orientiert an einer Nazi-Größe aus der NS-Zeit.
Mehrere Feuerwehrleute sollen diesen Recherchen zufolge außerdem in menschenverachtender Weise über Kolleginnen, Kollegen und hilfebedürftige Menschen geäußert haben, zum Teil in deren Anwesenheit. Das gehe aus Chat-Protokollen und Audioaufnahmen hervor, die NDR, „Süddeutscher Zeitung“ und Radio Bremen vorlägen. Zeugen berichteten, dass die Vorgänge trotz Beschwerden in der Leitungsebene der Bremer Feuerwehr jahrelang ignoriert worden seien.
Fotos von Adolf Hitler geteilt
Anhand der Chat-Protokolle sei zu erkennen, dass einige Männer dort über Jahre hinweg Hakenkreuz-Bilder, Fotos von Adolf Hitler und rassistische, menschenverachtende Sprüche über Dunkelhäutige, Türken, Muslime und Juden verschickt hätten.
Mäurer betonte, man müsse sich den Vorwürfen stellen. Auch in der Hierarchie hätten Vorgesetzte das nicht unterbunden, so Mäurer. Er sei entsetzt, dass Beamte, die einen Eid auf das Grundgesetz geleistet hätten, derartige Inhalte ins Netz stellten. Ähnlich äußerte sich auch der Amtsleiter Feuerwehr, Karl-Heinz Knorr, der aktuell für die Umsetzung der Corona-Impfstrategie freigestellt wurde.
Bei 1600 Feuerwehrangehörigen in Haupt- und Ehrenamt gebe es immer mal wieder einzelne Verfehlungen. Aber hier seien unmissverständlich Grenzen überschritten worden. Ihm sei es unverständlich, dass dies so lange habe unentdeckt bleiben können, denn die Vorwürfe gingen teils zehn Jahre zurück.

dpa