Zahlreiche Geschichten von Opfern sexuellen Kindesmissbrauchs sind ab sofort über ein Internetportal der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs einsehbar. Die in Berlin ansässige Bundeskommission stellte das Projekt am Mittwoch vor und schaltete es zugleich für alle Interessierten frei. Auf dem Portal „Geschichten, die zählen“ sind unter Pseudonymen die persönlichen und biografischen Berichte von Betroffenen gesammelt, die als Kinder oder Jugendliche sexuellen Gewalttaten ausgesetzt waren.
Das Portal sei ein „Herzensprojekt“ der Kommission, sagte deren Mitglied Brigitte Tilmann am Mittwoch bei der Vorstellung des Internetangebots vor Journalisten. Es gehe darum, Zeugnisse abzulegen und das Geschehen sichtbarer zu machen. Die Arbeit von Wissenschaftlern, Kommissionen und Institutionen zu dem Thema des sexuellen Missbrauchs sei wichtig. „Aber nichts ist eindrücklicher als die Berichte der Betroffenen selbst“, sagte Tilmann weiter.
Nach Angaben der Kommission soll das frei zugängliche Portal 100 Berichte von Betroffenen enthalten, die dort über ihr Leiden, aber auch ihre Hoffnungen und ihre Wege zur Bewältigung des Geschehens erzählen. Das Portal solle für Erfahrungen der Betroffenen einen „würdigen Ort“ schaffen und zugleich sensibilisieren sowie der Gesellschaft „wertvolles Wissen“ bereitstellen, betonte Tilmann.
„Bei dem Portal geht es auch um eine öffentliche Anerkennung“
Ihr Kommissionskollege Matthias Katsch erklärte, es gehe bei dem Portal auch um eine „öffentliche Anerkennung“ des erlittenen Unrechts sowie der Lebensleistung der Betroffenen. Die dort versammelten biografischen Berichte stünden dabei allerdings nur „stellvertretend für die vielen nicht erzählten Geschichten“. Nicht jeder Betroffene könne oder wolle über früher erlittene sexuelle Gewalt sprechen. Es gebe für sie auch „das Recht zu schweigen“.
Das Portal ist seit Mittwoch unter www.geschichten-die-zählen.de erreichbar und versammelt die Erfahrungsberichte von Frauen und Männern, die sexuelle Gewalt in ganz unterschiedlichen Kontexten erleben mussten. Die Spannbreite reicht von Taten in der Familie bis hin zu Missbrauchsgeschehen in Kirchen, Vereinen oder Heimen. Benutzer können über einem Suchfilter auch gezielt auswählen. Das Portal enthält dabei nur Erfahrungsberichte von Betroffenen, die der entsprechenden öffentlichen Verwendung ausdrücklich zustimmten.
Die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs ist seit 2016 Anlaufstelle für Betroffene, die über ihr Schicksal sprechen möchten. Sie wurde vom Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, eingerichtet. Er reagierte damit auf eine zentrale Forderung von Betroffenen. Aufgabe des Gremiums ist die unabhängige Aufarbeitung. Laut Kommission offenbarten sich ihr bislang bereits mehr als 2000 Menschen in vertraulichen Anhörungen oder schriftlichen Berichten.
19 Jan. 2022

Neues Portal gegen Kindesmissbrauch macht Opfer-Berichte zugänglich
Die Kommission zur Aufarbeitung von Kindesmissbrauch hat ein neues Internetportal vorgestellt. Darin sind die Geschichten von jungen Missbrauchsopfern einsehbar. Mit den anonymen Berichten soll die Öffentlichkeit sensibilisiert werden.
AFP
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