28.03.2024, Nordrhein-Westfalen, Solingen: Trauerkundgebung für die Opfer des tödlichen Brandes und deren Angehörige. / Photo: DPA (dpa)
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Im Fall des mutmaßlich vorsätzlich in Brand gesetzten Mehrfamilienhauses in Solingen mit vier Toten sucht die Polizei weiter nach Tatverdächtigen. Ein vorläufig festgenommener Mann kam am Freitag wieder auf freien Fuß. Der Mann sei nach längerer Vernehmung wieder entlassen worden, nachdem sein Alibi überprüft und bestätigt worden sei, sagte Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt der Deutschen Presse-Agentur. Es bestehe „kein dringender Tatverdacht“.

Der Mann war den Angaben zufolge nach einer Augenzeugenbefragung zunächst festgenommen worden. Nun werde „ergebnisoffen in alle Richtungen“ weiter ermittelt, sagte Kaune-Gebhardt. „Jedem Hinweis wird nachgegangen“, sagte der Sprecher. Weitere Verdächtige seien nicht in Gewahrsam der Polizei. Aus den Ermittlungen hätten sich aber „viele Hinweise“ ergeben. Hinweise auf einen rassistischen Hintergrund bei dem Brand in Solingen südlich von Wuppertal lägen weiterhin nicht vor.

Bei dem verheerenden Brand in der Nacht zum Dienstag konnte sich eine aus Bulgarien stammende Familie nicht mehr aus dem Dachgeschoss des Hauses retten. Die 28 und 29 Jahre alten Eltern kamen gemeinsam mit ihrem knapp dreijährigen Kleinkind und einem erst fünf Monate alten Säugling ums Leben. Die Leiche des Babys war erst Stunden später in dem stark heruntergebrannten Dachgeschoss gefunden worden. Die Familie sei erst kürzlich aus Bulgarien gekommen, bestätigte Kaune-Gebhardt einen WDR-Bericht.

Laut Staatsanwaltschaft werden nach dem Großbrand in dem Mehrfamilienhaus drei Verletzte intensivmedizinisch behandelt. Dabei soll es sich nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft ebenfalls um eine aus Bulgarien kommende Familie mit einem Kind handeln. Zudem wurden fünf weitere Mieter verletzt. Bewohner waren in der Nacht zu Dienstag in Todesangst aus dem etwa 100 Jahre alten brennenden Altbau auf die Straße gesprungen.

27.03.2024, Nordrhein-Westfalen, Wuppertal: Eine weiße Rose an einer Absperrbake vor dem Brandort in Solingen nach dem Pressestatement der Staatsanwaltschaft Wuppertal zum tödlichen Brand in Solingen. (DPA)

Erneut rassistischer Brandanschlag?

Am Mittwoch hatte die Staatsanwaltschaft Ergebnisse eines vorläufigen Gutachtens von Brandsachverständigen vorgelegt. Demnach gehen die Ermittler von vorsätzlicher Brandstiftung aus. In dem hölzernen Treppenhaus seien deutlich Reste eines Brandbeschleunigers nachgewiesen worden. Ermittelt wird mit dem Vorwurf des Mordes beziehungsweise versuchten Mordes.

Nach Angaben der Türkisch-Islamischen Union DITIB waren bis auf eine Person alle Hausbewohner „türkischstämmige Muslime aus Bulgarien oder Türkiye“. Bei der getöteten Familie handelt es sich dem Verband zufolge um eine „muslimische Familie mit bulgarischer Staatsbürgerschaft“. Dies nährt nicht nur bei DITIB, sondern auch beim Landesintegrationsrat NRW die Befürchtung, es könne ein rassistisches Motiv hinter der Tat stecken.

Das katastrophale Feuer hatte Erinnerungen an den Brandanschlag von Solingen vor gut 30 Jahren geweckt. Im Mai 1993 waren bei einem nächtlichen Brandanschlag mit rechtsextremem Hintergrund fünf türkischstämmige Frauen und Mädchen ermordet worden. Der Anschlag markierte damals den Tiefpunkt einer Serie rassistischer Anschläge auf Menschen ausländischer Herkunft in Deutschland.

TRT Deutsch und Agenturen