Um die Aufmerksamkeit für das Thema Missbrauch zu erhöhen, braucht es nach Ansicht der Regierungsbeauftragten Kerstin Claus in allen Bundesländern einen Betroffenenrat. „Auf jeden Fall sprechen wir zu wenig über Missbrauch in unserer Gesellschaft. Daher brauchen wir auch in allen Bundesländern einen Betroffenenrat, nicht nur auf Bundesebene“, sagte Claus den Zeitungen der Funke Mediengruppe (online Sonntag). „Die Betroffenen bringen die Expertise mit, sie kennen Täterstrategien, wissen um notwendige Hilfe und wie Verfahren kindergerechter ablaufen könnten. Sie wissen auch, wie für Betroffene eine kompetente medizinische Grundversorgung organisiert sein sollte.“
Claus ist die Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Sie wird kontinuierlich von einem Betroffenenrat beraten, der derzeit aus 18 Mitgliedern besteht und ehrenamtlich arbeitet.
Es gebe eine hohe Zahl von betroffenen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und Jugend sexuelle Gewalt erlebt haben, sagte Claus. „Es gibt eine Kultur des Missbrauchs in Deutschland und die zieht sich über Jahrzehnte. Früher noch unsichtbarer als heute.“
Das genaue Ausmaß sei aber weiterhin unklar, beklagte Claus. Vor wenigen Wochen von der Polizei vorgestellte Zahlen zu Kindesmissbrauch in Deutschland klängen „gewaltig, bilden aber tatsächlich nicht annähernd das wahre Ausmaß sexueller Gewalt ab“. „Wir wissen nicht, wie viele Kinder in Deutschland sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Daher müssen wir dringend das Dunkelfeld besser erforschen.“ Die Politik müsse sich jetzt dazu verabreden, dass die Dunkelziffer regelmäßig erhoben werde, mahnte Claus.
12 Juni 2022

„Kultur des Missbrauchs“: Beauftragte fordert Betroffenenrat in Ländern
Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus beklagt eine „Kultur des Missbrauchs in Deutschland“ und fordert in allen Bundesländern einen Betroffenenrat. Die Zahlen zu Kindesmissbrauch bildeten „nicht annähernd das wahre Ausmaß sexueller Gewalt“ ab.
dpa
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