19.12.2021, Berlin: Die Berliner Polizei sperrt den Bereich um das Mahnmal des Terroranschlages vor der Gedenkveranstaltung am Abend ab. Am 19.12.2016 fuhr Amri mit einem Sattelzug in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz und tötete 13 Menschen. (dpa)
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Am Sonntag jährt sich der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz zum fünften Mal. Bei einer Gedenkveranstaltung in der Gedächtniskirche wird unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die Opfer erinnern. Längst nicht alle Hintergründe der Tat oder die Involvierung des Verfassungsschutzes ließen sich bisher aufklären. Erst kürzlich wurden dazu neue Erkenntnisse bekannt. Was geschah am 19. Dezember 2016? Der Extremist Anis Amri fuhr mit einem gestohlenen Lastwagen in den gut besuchten Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. Dabei wurden zwölf Menschen getötet und dutzende weitere verletzt. Ein Ersthelfer erlag zudem im vergangenen Oktober seinen schweren Kopfverletzungen. Nach dem Anschlag gelang Amri die Flucht, vier Tage später wurde er jedoch bei einer Polizeikontrolle in Norditalien erschossen. Was ist über den Täter bekannt? Der 24-jährige Tunesier reiste 2011 nach Italien und saß dort wegen Gewalttaten und anderen Delikten vier Jahre im Gefängnis. Nach seiner Entlassung reiste er 2015 illegal nach Deutschland ein. In der Folgezeit bewegte er sich durch die Bundesrepublik und beantragte unter mindestens 14 verschiedenen Aliasnamen Asyl oder Sozialleistungen. Amri wurde von den deutschen Sicherheitsbehörden als extremistischer Gefährder eingestuft und stand zeitweise unter Beobachtung. Eine im Sommer 2016 geplante Abschiebung scheiterte jedoch unter anderem daran, dass die Behörden seines Heimatlands ihn nicht als tunesischen Staatsbürger anerkannten. In Berlin spähte Amri vor dem Anschlag auf den Breitscheidplatz unter anderem das Wohnhaus der damals amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus. Entsprechende Bilder wurden später auf seinem Handy gefunden. Wie wurde der Anschlag aufgearbeitet? Nach der Tat wurde bekannt, dass die Sicherheitsbehörden Amri bereits länger beobachtet hatten. Die Ermittlungen zu der Gewalttat sowie etwaige Behördenversäumnisse beschäftigten deshalb Untersuchungsausschüsse im Berliner Abgeordnetenhaus, im nordrhein-westfälischen Landtag und im Bundestag. Der Ausschuss des Abgeordnetenhauses beendete seine Arbeit im August. Im Abschlussbericht attestierten die Parlamentarier den Sicherheitsbehörden zahlreiche Defizite. Sie bemängelten unter anderem einen Personalmangel beim Berliner Landeskriminalamt, einen unzureichenden Informationsaustausch zwischen Sicherheits- und Justizbehörden sowie eine Vielzahl von Zuständigkeiten - 16 verschiedene Behörden waren in den Fall involviert. „Für mich persönlich steht fest: Es sind Fehler passiert, die in der Summe das abscheuliche Verbrechen erst möglich gemacht haben“, sagte Nordrhein-Westfalens-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) kürzlich im Düsseldorfer Landtag. Auch der dortige Untersuchungsausschuss geht Fehlverhalten der Behörden nach, schloss seine Arbeit allerdings noch nicht ab. Welche juristischen Folgen hatte die Tat? Ein Extremist aus dem Umfeld von Amri wurde 2020 wegen der Planung einer Anschlags zu fünf Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil im April. Der 32-Jährige hatte Sprengstoff für einen Anschlag in Berlin gehortet. Der Angeklagte und Amri kannten sich womöglich, Direktverbindungen konnte das Gericht aber nicht nachweisen. Drei weitere Anhänger der Terrormiliz Daesh aus dem Umfeld Amris wurden 2019 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Gibt es neue Hinweise? Kürzlich berichtete der Rundfunk Berlin-Brandenburg, dass es Reportern gelungen sei, einen Auftraggeber von Amri zu identifizieren. Es handle sich um einen irakischstämmigen Daesh-Funktionär. Erste Hinweise zu einem möglichen Auftraggeber gab es demnach bereits wenige Tage nach dem Anschlag. Da der Kampfname aber von mehreren Kämpfern verwendet wurde, sei es nicht gelungen, ihn eindeutig zu identifizieren. Die Familien der 13 Opfer wandten sich nach Bekanntwerden der Rechercheergebnisse mit einem offenen Brief an die Bundesregierung. Sie fordern weitergehende Ermittlungen zu möglichen Mittätern und Drahtziehern.

AFP