Rechtsextremismus-Verdacht: Berlins Polizei geht gegen dutzende Beamte vor / Photo: DPA (dpa)
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Die Berliner Polizei hat Hunderte Fälle rechtsextremistischer Straftaten monatelang nicht bearbeitet. Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte vergangenen Montag, sie vermute keine politische Motivation. Doch die Hintergründe bleiben weiter unklar. Die insgesamt 364 unbearbeiteten Verfahren waren bei einem Führungswechsel im Oktober bekannt geworden, wie die „B.Z“ berichtete.

Betroffen ist die Abteilung beim LKA Berlin. „Jetzt wird alles getan, um schnellstmöglich die Bearbeitung oder Weiterbearbeitung zu gewährleisten", so Slowik. Sie sprach in diesem Zusammenhang von einem Missstand. Laut Behördenangaben wird nun wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt.

Kommissariatsleiter Alexander H. unter Verdacht

Verdächtigt werden der frühere Kommissariatsleiter Alexander H. und ein Sachbearbeiter. Die betroffenen Vorgänge stammen Slowik zufolge aus den vergangen drei Jahren, aber vor allem aus den Jahren 2020 und 2021. Slowik äußerte sich aber nicht näher zu den Fällen.

Kritik kommt unter anderem von den Innenpolitikern der Linken und Grünen. Es sei inakzeptabel, dass die Abgeordneten erst durch Medienberichte von dem Fall erfahren hätten. Ario Mirzaie von der Grünen-Fraktion bezeichnete dies als „skandalös“. Es sei erschreckend, wie spät der Vorgang aufgedeckt worden sei, sagte Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion, beklagte sich über die „späte“ Aufdeckung des Vorgangs.

Gedenkstätte für den getöteten Burak Bektas. (AA)

Möglicher Zusammenhang mit Neukölln-Komplex

Vermutet wird hier zudem ein möglicher Zusammenhang der Fälle mit einer Serie rechtsextremer Straftaten in Berlin-Neukölln (Neukölln-Komplex). Im Jahr 2012 etwa war der damals 22-jährige Burak Bektaş in Neukölln erschossen worden. Zwei weitere Freunde des Türkischstämmigen wurden verletzt. Der Täter und die Hintergründe der Tat sind bis heute unbekannt. Das Brisante: Alexander H. leitete laut Medienberichten auch die Ermittlungen im Mordfall Bektaş.

Mit dem Neukölln-Komplex setzt sich auch ein Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses auseinander. Zwei Sonderermittler hatten bereits 2021 verdächtige Vorgänge von Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz aufgedeckt.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amadeu Antonio Stiftung wurden in Deutschland seit 1989 mindestens 219 Menschen durch Rechtsextremisten getötet.

TRT Deutsch