Oberlandesgericht Jena / Photo: DPA (dpa)
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Körperliches Training und rechtsextremes Gedankengut standen im Mittelpunkt ihrer Treffen: Am Oberlandesgericht Jena startet im August ein Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder der Neonazi-Kampfsportgruppe ,,Knockout 51”. Der dritte Strafsenat ließ am Dienstag die Anklage des Generalbundesanwalts zu - allerdings mit einer Einschränkung. Anders als die Bundesanwaltschaft ordnet der Senat ,,Knockout 51” nicht als terroristische Vereinigung ein, sondern als kriminelle Vereinigung. Die Hauptverhandlung startet am 21. August. Die Beschuldigten bleiben weiter in Untersuchungshaft, wo sie seit ihrer Festnahme im April 2022 einsitzen.

Die vier Männer waren bei einem großangelegten Schlag gegen die militante Neonazi-Szene festgenommen worden. Mehr als 800 Polizisten und Polizistinnen waren damals zu über 60 Durchsuchungen in elf Bundesländern ausgeschwärmt.

Die Gruppe, in die sich etwa zehn Mitglieder regelmäßig eingebracht hätten, soll in der Thüringer Zentrale der NPD trainiert haben, inzwischen hat sich die rechtsextremen Partei in Die Heimat umbenannt. Zudem soll es eine bundesweite Vernetzung mit anderen gewaltbereiten Kampfsportgruppen gegeben haben.

Es ging nicht nur um Sport

Nach Ansicht des Generalbundesanwalts ging es der Gruppe nicht nur um Sport: Sie soll versucht haben, in Eisenach einen ,,Nazi Kiez” zu schaffen und sich als Ordnungsmacht zu etablieren. Dazu soll sie etwa ,,Kiezstreifen” durchgeführt und Veranstaltungen der NPD gesichert haben. ,,Bei solchen Gelegenheiten kam es unter wechselnder Beteiligung der Angeschuldigten zur Anwendung massiver körperlicher Gewalt gegen andere Personen”, hieß es in einer Mitteilung vom Mai.

Den vier Männern werden mehrfache gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Verstöße gegen das Waffenrecht vorgeworfen.

Nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft sollen drei der Angeklagten, einer als Rädelsführer, spätestens im März 2019 ,,Knockout 51” gegründet haben. ,,Hierbei handelte es sich um eine rechtsextremistische Kampfsportgruppe”, so die Einschätzung des Generalbundesanwalts.

Die Gruppe habe unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen Trainings junge, nationalistisch gesinnte Männer angelockt, diese bewusst mit rechtsextremem Gedankengut indoktriniert und für körperliche Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten, Angehörigen der politisch linken Szene und sonstigen als bekämpfenswert erachteten Personen ausgebildet. ,,Spätestens seit April 2021 erstreckte sich das Ziel der Vereinigung auf die Tötung von Personen der linksextremen Szene”, hieß es von der Bundesanwaltschaft.

Zwei der Angeklagten werden beschuldigt, sich verbotene Waffen und Waffenteile besorgt zu haben - unter anderem Schlagringe, ein Butterflymesser, eine manipulierte Gaspistole sowie wesentliche Teile für halbautomatische Schusswaffen. Außerdem soll es Schießtraining gegeben haben.

„Knockout 51“-Mitglieder bei Anti-Corona-Protesten

Mitglieder von ,,Knockout 51” sollen auch zu diversen Protestveranstaltungen gegen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gereist sein, um die Auseinandersetzung mit der Polizei zu suchen. Spätestens ab April 2021 sollen die Mitglieder zunehmend Auseinandersetzungen mit Linksextremisten gesucht haben. Hintergrund sollen vorangegangene Anschläge aus der linksextremen Szene auf Angehörige und ein Objekt der Vereinigung gewesen sein.

Die Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss zeigte sich irritiert darüber, dass ,,Knockout 51” vom dritten Strafsenat des OLG nicht als terroristische Vereinigung eingeordnet wurde. Es sei ihr ,,absolut unverständlich”, wie man bei ,,einer militanten Neonazi-Gruppierung, die eine menschenverachtende, tödliche, mörderische Ideologie eint und die sich Waffen beschafft, Waffen baut, um Menschen umzubringen”, von vorherein ausschließe, dass es sich auch um eine terroristische Vereinigung handeln könne. ,,Was soll denn noch begründet werden, um auf eine mögliche terroristische Vereinigung anklagen zu können?”, fragte sie.

Eine Sprecherin des OLG sagte, das Gesetz verlange, dass der Zweck und die Tätigkeit einer Vereinigung darauf ausgerichtet sein müssten, Mord und Totschlag zu begehen, um als terroristisch eingestuft zu werden. Diese Tatbestandsmerkmale sehe der zuständige Senat in der Sache aber nicht ausreichend begründet.

dpa