11.287 Corona-Neuinfektionen: Bundesweit neuer Höchstwert erreicht (AA)
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Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages in Deutschland ist erneut stark gestiegen und hat erstmals den Wert von 10.000 überschritten. Die Gesundheitsämter meldeten nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Donnerstagmorgen 11.287 Fälle binnen 24 Stunden. Der bisherige Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland war am Samstag mit 7830 Neuinfektionen erreicht worden. Am Donnerstag vergangener Woche waren mit 6638 Fällen erstmals mehr als im Frühjahr gemeldet worden. Die jetzigen Werte sind allerdings nur bedingt mit denen aus dem Frühling vergleichbar, weil mittlerweile wesentlich mehr getestet wird - und damit auch mehr Infektionen entdeckt werden. Experten zufolge sind die neu gemeldeten Infektionen wegen der Zeit zwischen Ansteckung, Test, Ergebnis und Meldung ein Hinweis darauf, wie stark das Virus vor etwa einer Woche in der Gesellschaft unterwegs war. Deshalb dauere es auch, bis sich politische Maßnahmen in den Meldezahlen niederschlagen könnten. Mit Blick auf stetig steigenden Fallzahlen will das Robert-Koch-Institut am Donnerstag in einem Presse-Briefing im Online-Format zur Entwicklung der Pandemie in Deutschland informieren. RKI-Präsident Lothar Wieler hatte zuletzt den Ernst der aktuellen Lage betont.

Appell zur Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln

„Aktuell ist ein beschleunigter Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten“, schreibt das RKI in seinem Lagebericht vom Mittwoch. „Daher wird dringend appelliert, dass sich die gesamte Bevölkerung für den Infektionsschutz engagiert.“ Dazu zählt das RKI unter anderem Abstands- und Hygieneregeln auch im Freien, das Lüften von Innenräumen und - wo geboten - eine Mund-Nasen-Bedeckung. Seit Anfang September schwankt die Zahl der Coronatests pro Woche zwischen 1,1 und 1,2 Millionen - mit ganz leicht steigender Tendenz. Die Positivenrate ist in der Zeit jedoch von 0,75 auf 3,63 Prozent gestiegen. Seit zwei Wochen steigt der Probenrückstau erneut an. Einige Labore wiesen auf Lieferschwierigkeiten für Arbeitsmaterialien hin. Zuletzt lagen knapp ein Drittel aller vom RKI erfassten Kreise und Städte über dem Schwellenwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche (Datenstand 21.10.), ab dem vielerorts verschärfte Infektionsschutzmaßnahmen greifen. Bei rund 30 Kreisen und Städten lag der Wert sogar über 100. Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 392.049 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Stand: 22.10., 0.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion lag demnach bei 9905. Das waren 30 mehr als am Vortag. Nach Schätzungen des RKI gibt es inzwischen etwa 306.100 Genesene. Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht vom Mittwoch bei 1,09 (Vortag: 1,25). Das bedeutet, dass zehn Infizierte knapp elf weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. Zudem gibt das RKI in seinem Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen liegt dieser Wert nun bei 1,17 (Vortag: 1,23). Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen.

Polen und Schweiz auf Corona-Risikoliste - Kanaren nicht mehr

Die Bundesregierung hat die Nachbarländer Polen und Schweiz, fast ganz Österreich und große Teile Italiens mit Wirkung ab dem kommenden Samstag zu Corona-Risikogebieten erklärt. Die Kanarischen Inseln werden dagegen von der Risikoliste gestrichen, wie das Robert Koch-Institut am Donnerstag auf seiner Internetseite mitteilte. Auch Großbritannien bis auf die Kanalinseln und Überseegebiete, ganz Irland und Liechtenstein gelten ab Samstag als Risikogebiete. Hinzu kommen einzelne Regionen in Bulgarien, Estland, Kroatien, Schweden, Slowenien und Ungarn. Die Einstufung als Risikogebiet und die damit automatisch verbundenen Reisewarnungen des Auswärtigen Amts bedeuten zwar kein Reiseverbot, sollen aber eine möglichst große abschreckende Wirkung auf Touristen haben. Das Gute für den Urlauber: Er kann eine bereits gebuchte Reise stornieren, wenn sein Ziel zum Risikogebiet erklärt wird. Das Schlechte: Rückkehrer aus den Risikogebieten müssen derzeit noch für 14 Tage in Quarantäne, können sich aber durch einen negativen Test davon vorzeitig befreien lassen. Mit den neuen Entscheidungen der Bundesregierung kommen alle Grenzgebiete zu Deutschland außer die in Dänemark auf die Risikoliste. In Österreich ist nur noch das südliche Bundesland Kärnten ausgenommen. Außerdem gilt für zwei kleine Exklaven an der Grenze zu Deutschland eine Ausnahmeregelung. In Italien sind mehrere Touristenziele betroffen, unter anderem Rom, Mailand, Venedig, die Toskana und Sardinien. Deutsche Urlauber, die dort in den Herbstferien sind, müssen nun bei Rückkehr in Quarantäne oder sich „freitesten“ lassen - es sei denn, sie fahren oder fliegen noch vor Samstag nach Hause.

Grenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner

Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt, wenn ein Land oder eine Region den Grenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschreiten. Das gilt inzwischen für mehr als 130 Länder ganz und für einige weitere teilweise. Für etwa 50 Länder wird unabhängig von der Infektionslage von Reisen abgeraten. Der Grund: Dort gelten noch Einreisebeschränkungen, Quarantäneregeln oder eine Ausreisesperre in die EU. Es bleiben nur noch einzelne Länder, die noch frei von Risikogebieten sind und für die auch nicht von Reisen abgeraten wird. Dazu zählen Griechenland und Zypern. Die Aufhebung der Reisewarnung für die Kanaren dürfte vor allem die Reiseveranstalter freuen. Für sie sind die Inseln vor der Küste Afrikas mit ihrem sommerlichen Klima das ganze Jahr über einer der wichtigsten Hoffnungsträger für die Wintersaison. Die Entscheidung der Bundesregierung heißt aber noch nicht, dass man jetzt unbeschwert den Weihnachtsurlaub unter Palmen buchen kann. Die Aufhebung der Reisewarnung für Korsika hat zuletzt gerade mal eine Woche gehalten.

dpa