Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte / Photo: DPA (dpa)
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Nach dem Bruch der niederländischen Regierung im Streit um die Migrationspolitik wird Ministerpräsident Mark Rutte am Samstag von König Willem-Alexander erwartet. Das Staatsoberhaupt unterbricht seinen Urlaub und kehrt in die Niederlande zurück, so dass der Ministerpräsident ihm in Schloss Huis ten Bosch bei Den Haag die Lage erläutern kann.

Bereits am Freitagabend hatte Rutte dem König schriftlich den Rücktritt des Kabinetts angeboten. Vorangegangen war eine Krisensitzung, bei der die Spitzen der vier Koalitionsparteien sich nicht auf einen Kompromiss bei der von der Regierung angestrebten Verschärfung der Asylpraxis hatten einigen können.

Die Unterschiede bei den Regierungsparteien in der Frage seien unüberbrückbar, sagte Rutte am Abend. Er bedauerte diesen Schritt, aber dies sei „eine politische Realität“. Rutte ließ offen, ob er erneut bei einer Neuwahl antreten werde. Die vierte Regierung des Rechtsliberalen war seit Anfang 2022 im Amt. Rutte selbst ist seit knapp 13 Jahren Regierungschef der Niederlande. Eine Neuwahl wird nach Einschätzung von Beobachtern wohl erst im November stattfinden.

Bei der Krisensitzung in Den Haag am Abend war der Knackpunkt die Beschränkung des Familiennachzugs für bereits im Land befindliche Flüchtlinge. Die rechtsliberale Partei VVD unter Rutte hatte die Beschränkung gefordert, während andere Parteien die Forderung als zu weitgehend ansahen.

Lange Wartezeiten und Wohnungsnot verschärfen Asylsituation

Die Niederlande kämpfen mit einer vor allem hausgemachten Asylkrise: Um zu sparen, hatte die Regierung Personal und Plätze in Aufnahmezentren gestrichen. Die Wartezeit für die Bearbeitung von Asylanträgen wurde immer länger. Zusätzlich sorgt die allgemeine Misere auf dem Wohnungsmarkt dafür, dass kaum Plätze in den Wohnheimen frei werden.

Inmitten einer großen Vertrauenskrise in der niederländischen Politik wird der Asylstreit aber auch als ein vorgeschobener Grund für das Auseinanderbrechen der Regierung gesehen. Bei vielen wichtigen Themen, die den Menschen in den Niederlanden unter den Nägeln brennen, werden von der Vier-Parteien-Regierung kaum Entscheidungen getroffen, alles stockt.

Dieser Stillstand dürfte sich bis zu einer Neuwahl kaum auflösen - die Befürchtung wurde am Freitagabend bereits laut. Neben der Migrationspolitik sorgen sich die Menschen in den Niederlanden auch um die Wohnungsnot, die Energiewende sowie die Klimapolitik. Einer der großen Konflikte ist die Zukunft der Landwirtschaft angesichts angekündigter Umweltauflagen.

Dass das Zerbrechen der Koalition die Sacharbeit der weiter amtierenden Regierung bremsen wird, zeigt sich bereits am kommenden Montag: Statt wie geplant einen Arbeitsbesuch in der von Folgen der Erdgasförderung betroffenen Region Groningen zu absolvieren, wird Rutte außerplanmäßig dem Parlament zur Krise Rede und Antwort stehen. Wirtschaftsverbände pochen bereits darauf, dass wichtige Entscheidungen mit Blick auf den Arbeitsmarkt und die Kaufkraft der Bevölkerung nicht aufgeschoben werden können.

TRT Deutsch und Agenturen