FPÖ-Klubchef Herbert Kickl gilt nun als Favorit auf die Nachfolge seines zurückgetretenen Rivalen Norbert Hofer.  (Reuters)
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Paukenschlag in der FPÖ: Am Dienstagnachmittag erklärte Norbert Hofer, Bundesobmann der rechtspopulistischen Partei, unmittelbar nach seiner Rückkehr von einer Reha-Behandlung via Twitter seinen Rücktritt. Zwar löschte er wenig später den Tweet, in dem er „seinem Nachfolger alles Gute“ wünschte. Im weiteren Verlauf des Nachmittags bestätigte er jedoch, sein Parteiamt nicht länger ausüben zu wollen.

In einem Gespräch mit dem Nachrichtenportal „exxpress.at“ kündigte Hofer, der es 2016 in die Stichwahl für das Amt des Bundespräsidenten geschafft hatte, seinen vollständigen Rückzug aus der aktiven Politik an. Lediglich seine Funktion als Dritter Nationalratspräsident wolle er noch bis zum Ende der Legislaturperiode ausüben.

Bereits in den Wochen zuvor wurde die Partei von heftigen Querelen erschüttert. Der Fraktionschef der FPÖ im Nationalrat, Herbert Kickl, hatte unmissverständlich seinen Anspruch angemeldet, im Falle einer vorgezogenen Neuwahl als Spitzenkandidat ins Rennen zu gehen. Ermittlungen von Staatsanwälten gegen Politiker der regierenden ÖVP und Spannungen im türkis-grünen Regierungsbündnis hatten zuletzt Spekulationen über einen baldigen Bruch der Koalition in Wien ausgelöst.

Hofer sieht sich aus dem Amt gemobbt

Der langjährige Parteivorsitzende Heinz-Christian Strache, der 2019 über die sogenannte „Ibiza-Affäre“ gestolpert war, erklärte in einer ersten Analyse, sein Nachfolger habe „die Nerven weggeschmissen“. Tatsächlich hatte Hofer gegenüber „oe24“ als einen der Gründe für seinen Schritt angegeben, er lasse sich „nicht jeden Tag ausrichten“, dass er „fehl am Platze“ sei. Adressat dieser Aussage war sein innerparteilicher Rivale Kickl, der sich Medienberichten zufolge gerade auf einer Wanderung befand, als Hofer seinen Rücktritt bekanntgab.

Satzungsgemäß wird nun voraussichtlich der Nationalratsabgeordnete Harald Stefan die Geschäfte Hofers übernehmen und zeitnah einen Bundesparteitag zur Klärung der Nachfolge einberufen. Kickl rief bereits gestern die Partei zur Geschlossenheit auf. Die Vorsitzenden der Landesorganisationen in Kärnten, Tirol und sogar dem Burgenland, aus dem auch Hofer stammt, haben sich bereits für Kickl als künftigen Parteivorsitzenden ausgesprochen.

Dennoch ist nicht von einem Automatismus zugunsten Kickls auszugehen, der fürs Erste den innerparteilichen Machtkampf gewonnen hat. Der Klubchef im Nationalrat und frühere Innenminister ist nicht nur in der Gesamtbevölkerung, sondern auch unter FPÖ-Wählern selbst deutlich unbeliebter als Hofer es war.

Laut, aber wenig beliebt

Eine jüngst veröffentlichte Umfrage des Nachrichtenmagazins „profil“ ergab, dass 48 Prozent der Österreicher Norbert Hofer für den geeigneteren FPÖ-Spitzenkandidaten im Fall einer vorgezogenen Wahl gehalten hätten. Kickl nannten lediglich 16 Prozent. Selbst unter den FPÖ-Wählern hatte Hofer mit 52 zu 44 die Nase vorn. Zudem rangiert Kickl in Politikerrankings regelmäßig abgeschlagen am unteren Ende der Beliebtheitsskala.

Sein angriffiger Stil wird in jenen Kreisen der FPÖ goutiert, die eine aus ihrer Sicht zu bereitwillige Annäherung an die bürgerlich-konservative ÖVP vonseiten Hofers als Ursache für mehrere deutliche Wahlniederlagen nach dem Bruch der Koalition 2019 betrachten. Sie wünschen sich einen fundamentaloppositionellen Kurs der Partei, und Kickl hat diesen erst jüngst illustriert, als er an Protesten gegen die Corona-Maßnahmen teilnahm, an denen sich regelmäßig auch Verschwörungsideologen und Rechtsextremisten beteiligen.

Oberösterreich und Vorarlberg gelten als Gegner des Kickl-Kurses

Gegenwind hat Kickl allerdings vor allem aus Landesorganisationen wie Oberösterreich und Vorarlberg zu erwarten. Dort war die FPÖ bereits mehrfach an Landesregierungen beteiligt, und im Herbst steht das Schicksal der türkis-blauen Koalition in Linz an der Donau bei den oberösterreichischen Landtagswahlen auf dem Spiel.

Bis zuletzt wurde darüber spekuliert, ob der oberösterreichische Landesvorsitzende Manfred Haimbuchner, der dort als Landesrat (Landesminister) unter anderem für Umwelt und Wohnbau zuständig ist, versuchen wird, Kickl den Bundesvorsitz streitig zu machen. Haimbuchner gilt als moderater Realpolitiker, der die FPÖ auch auf Bundesebene in Regierungskoalitionen verankern möchte – bevorzugt mit der ÖVP. Kickls radikaler Kurs wäre dafür ein Hindernis. Den „Oberösterreichischen Nachrichten“ zufolge habe Haimbuchner jedoch am Mittwoch erklärt, nicht für den Bundesvorsitz zur Verfügung zu stehen.

Strache nennt auch den Wiener Landeschef Dominik Nepp und den Steirer Mario Kunasek als mögliche Gegenkandidaten Kickls – allerdings werden deren Chancen als verhältnismäßig gering eingeschätzt. Es könnte in jedem Fall schon bald eine Grundsatzentscheidung über die künftige strategische Ausrichtung der FPÖ anstehen.

TRT Deutsch