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2021 jährt sich der heimtückische Putschversuch in der Türkei zum fünften Mal. Die Wunden des jüngsten Umsturzversuchs sind noch nicht vollständig verheilt. In jener Nacht vom 15. auf den 16. Juli plante eine illegale Splittergruppe von Putschisten außerhalb der regulären Befehlskette des Militärs, die türkische Regierung gewaltsam zu stürzen und den Präsidenten zu töten. Die Auswirkungen dieses Plans sind heute noch erschreckend: Die Putschisten setzten Panzer, Militärhubschrauber und Kampfflugzeuge gegen das eigene Volk ein. Zudem bombardierten sie das türkische Parlament, mehrere Regierungsgebäude und den Amtssitz des Präsidenten. Auch das Hauptquartier einer Spezialeinheit der Polizei in der Hauptstadt war gezielten Luftangriffen ausgesetzt: 51 unschuldige Sicherheitsbeamte kamen bei der hinterhältigen Operation ums Leben. Die Verschwörer belagerten oder besetzten wichtige Orte mit strategischer Bedeutung wie den staatlichen Rundfunksender TRT, den Flughafen Atatürk in Istanbul, wichtige Brücken und Straßen sowie zivile und staatliche Institutionen und Hauptquartiere. Doch damit nicht genug: Weitere Verbrechen an der Zivilbevölkerung, insbesondere in Ankara und Istanbul, folgten. Über 300 Menschen wurden getötet, davon 251 Zivilisten. Es gab etwa 2.200 Verletzte, von denen ein Großteil heute noch auf eine medizinische Versorgung angewiesen ist. Der Putschversuch wurde dank der verfassungstreuen Kräfte innerhalb des Militärs und des Widerstands der Bevölkerung vereitelt. Die Türkei kann mit Stolz von sich behaupten, die harte Prüfung, die am Abend des 15. Juli ihren Lauf nahm, trotz eines schmerzlichen Verlusts von Menschenleben bestanden zu haben. Die Unterwerfung der aufstrebenden Türkei, also die Annexion der Volkssouveränität, die Unterjochung der Demokratie und die Kontrolle der Verfassungsorgane konnten verhindert werden. Deshalb ist der 15. Juli nicht nur mit Trauer und Schmerz verbunden, sondern bereits jetzt als ein Tag der institutionellen Freiheit und nationalen Unabhängigkeit, als Erfolg der Volkssouveränität in die Geschichtsbücher eingegangen. So wird seit dem Putschversuch der 15. Juli landesweit als „Tag der Demokratie und nationalen Einheit“ begangen.

„Klandestine Strukturen“, „Gehirnwäsche“, „organisierte Kriminalität“

Nicht nur die türkischen Sicherheitsdienste, sondern auch internationale Organisationen und Experten sehen den Prediger Fethullah Gülen und seine Sekte als mutmaßlichen Anführer und Drahtzieher des Putschversuchs. Der ehemalige US-Botschafter in Ankara, James Jeffrey, forderte gar die Auslieferung des seit über 20 Jahren im US-Exil befindlichen Gülen an die Türkei, da dieser „einen Verbündeten destabilisiert“ habe. Auch der Türkei-Fachmann der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sowie Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung Istanbul, Kristian Brakel, sprach in diesem Zusammenhang von der Infiltration des Staatsapparats durch Gülen-Anhänger, denen er „klandestine Strukturen“ vorwarf. Maximilian Popp, Korrespondent des Spiegel, warnt seit Jahren vor der Organisation: So wies er darauf hin, dass „Gülen-Aussteiger bereits 2012 über ‚sektenähnliche Strukturen‘ und eine ‚Gehirnwäsche wie bei Scientology‘“ berichteten. Selbst die deutsche Botschaft in Ankara habe in einem internen Bericht darauf hingewiesen, dass sich der konspirative Teil der Bewegung durch strikte Hierarchien auszeichne und „in seiner Struktur an Erscheinungsformen organisierter Kriminalität“ erinnere. In der Süddeutschen Zeitung (SZ) bezeichnete Christian Rumpf, Anwalt und Experte für türkisches Recht, die kaltblütige Sekte als einen „fast geheimen Bund mit größerer Macht als die sagenhaften Illuminati“.

Umgang mit Gülenisten belastet bilaterale Beziehungen

Zahlreiche Mitglieder dieser Vereinigung sind nach dem erfolglosen Putschversuch aus der Türkei geflohen. Viele sind ihrem Anführer in die Vereinigten Staaten gefolgt. Das türkische Justizministerium hat in der Zwischenzeit einen formalen Antrag an die USA auf Auslieferung von Fetullah Gülen gestellt. Seine Anhänger hatten jahrelang staatliche Institutionen – darunter Militär und Sicherheitskräfte – unterwandert und den Putschversuch möglich gemacht. Daneben fordert die Türkei die Überstellung von geflohenen Gülenisten aus Ländern wie Deutschland und anderen Staaten der Europäischen Union (EU), die den Gülenisten Unterschlupf gewähren. Dass diese nicht ausgeliefert und noch dazu geschützt werden, belastet die bilateralen Beziehungen der Türkei zu diesen Ländern. Die Türkei erwartet seit Langem aufrichtige Solidarität im Kampf gegen Terrororganisationen von den europäischen und transatlantischen Verbündeten. Oft vergeblich. Aber es gibt auch Staatenbünde und internationale Organisationen, die der Türkei in ihrem Kampf gegen Terrororganisationen offen beistehen.

OIC und GCC stufen Gülen-Netzwerk als Terrororganisation ein

Internationale Zusammenschlüsse wie die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) stufen das Netzwerk um den umstrittenen Prediger Fethullah Gülen derweil als eine „terroristische Organisation“ ein. Dabei muss man wissen, dass die OIC nach den Vereinten Nationen (UN) die zweitgrößte internationale Organisation auf der Welt ist. Demnach bewertet die OIC-Resolution 47/43-POL die „Fethullah Gülen Terrororganisation“ (FETO) als eine bewaffnete Gruppierung, die mit Hilfe von zivilen Unterstützern hinter dem Putschversuch vom 15. Juli stehe, der sich gegen die türkische Verfassung, den Staatspräsidenten, die Regierung und die Bevölkerung gerichtet habe. In der verabschiedeten Resolution bekräftigt die OIC, dass sie sich bei der juristischen und strafrechtlichen Aufarbeitung der kriminellen Taten der FETO auf der Seite des türkischen Staates und der türkischen Bürger befinde. Die 1969 gegründete OIC, der 56 islamische Staaten angehören, rief zudem alle Mitgliedsländer auf, Vorkehrungen gegen Vereine, Verbände und Organisationen zu treffen, die weltweit unter dem Einfluss von FETO stehen. In diesem Zusammenhang wurden die Mitgliedstaaten angewiesen, mit den türkischen Behörden zu kooperieren. Die Auseinandersetzung der OIC mit FETO darf in Einklang mit der internationalen und globalen Antiterrorstrategie der UN betrachtet werden. Deshalb ist die Entscheidung der OIC auch als wichtiges Zeichen des politischen und diplomatischen Beistandes mit der Türkei zu werten. Umso mehr verwundert es, dass sich andere sogenannte „Verbündete“ der Türkei nicht dazu durchringen konnten, eine ähnlich geschlossene Unterstützung zu demonstrieren. Bevor die OIC das Terrornetzwerk als solches bezeichnete, hatte auch der Golf-Kooperationsrat (GCC) der arabischen Staaten das Gülen-Netzwerk als „terroristische Vereinigung“eingestuft.

Prestigeprojekt ohne solides Fundament

Trotz zahlreicher Warnungen und Neubewertungen wird die Sekte hierzulande weiterhin gefördert: Der Bund finanziert derzeit ein sogenanntes „Drei-Religionen-Haus”, in der die Gruppierung involviert ist, mit 20 Millionen Euro. Das Land Berlin beteiligt sich mit weiteren 10 Millionen Euro an dem Projekt. Im Kuratorium sitzen dazu prominente Unterstützer. Doch schon jetzt scheint klar zu sein: Türkischstämmige Muslime werden sich in dem Projekt nicht wiederfinden. Sie werden sich die Frage stellen, wie zukunftsfähig und vertrauenserweckend eine Kooperation mit einer Sekte sein kann, die in vielen Staaten der Welt als Terrororganisation eingestuft wird.

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