Zugvögel. (AFP)
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Gründe für die Etablierung von Stiftungen für das Wohlergehen der Tiere

Die Hadithe und die Praktiken des Propheten Muhammad in Bezug auf Tiere bilden die Grundlage für die Einrichtung solcher Stiftungen. Einer dieser Aussprüche lautet: „Der Schöpfer wird gnädig zu den Barmherzigen sein. Seid barmherzig gegenüber der Schöpfung auf Erden, und die im Himmel werden barmherzig zu Euch sein.“

Die Hadithe des Propheten, die den Schutz von Haus- und Wildtieren thematisieren, die Begrenzung der Traglast für Lasttiere wie Pferde, Kamele oder Maultiere, die im Transport eingesetzt werden, ein Jagdverbot von Tieren zu Unterhaltungszwecken, den Erhalt von Vogelnestern und das Zusammenhalten von Küken und Muttervogel; all diese Aussprüche und seine Lebenspraktiken haben maßgeblich zur Gründung und Verbreitung von Stiftungen in der islamischen Welt, insbesondere aber im Osmanischen Reich, beigetragen. Dass Tierrechte und der sorgsame und barmherzige Umgang mit Tieren als Tugenden nicht allein der heutigen modernen Welt vorbehalten sind, wird aus den gegründeten Stiftungen für Tiere und den mildtätigen Handlungen deutlich.

Stiftungen für den Schutz von Straßen- und Wildtieren

Neben den Stiftungen, die im Osmanischen Reich Hilfe für Menschen anboten, gab es auch solche, die zum Wohl von Straßentieren wie Katzen oder Hunden gegründet wurden, sich um Zugvögel und die im Winter in die Städte ziehenden hungrigen Wildtiere kümmerten, sowie solche, die sich für die Versorgung von verletzten Tieren im Allgemeinen und speziell Vögeln einsetzten. Die als Mancacı bekannten Verantwortlichen kauften mit den ihnen zur Verfügung gestellten Geldern Nahrung und verteilten diese an Straßentiere. Zudem gab es Stiftungen, die an ausgewählten Orten in ländlichen Gebieten regelmäßig Fleisch, Innereien, Leber, Gras und Weizenhirse auslegten, damit Wildtiere im Winter nicht verhungerten. Manche Menschen verfügten gar, dass ein Teil ihres Erbes für die Fütterung von Tieren verwendet wurde. Wasserschalen wurden an Moscheen und Friedhöfen für Tiere bereitgestellt und Vogelhäuschen, die durch ihre Architektur und Ästhetik herausstachen, möglichst weit oben auf Minaretten eingerichtet, damit die Vögel ungestört brüten konnten. Auch Suppenküchen, in denen Bedürftige täglich zwei kostenlose Mahlzeiten erhielten, vergaßen die Tiere nicht und stellten Essensreste für sie bereit. Des Weiteren wurden Störche behandelt, die verletzt und von ihrem Zug getrennt worden waren.

Um einige konkrete Beispiele zu geben: Sultan Bayezid verfügte in seiner Stiftungsurkunde festlegen zu lassen, dass jedes Jahr 30 Goldstücke für Vögel zurückgelegt werden sollten. Eine Vogelklinik und ein Asyl im Dolmabahce-Palast standen den Vögeln zu Diensten. So wurde im Jahr 1538 in Adana eine Stiftung gegründet, um Weidenflächen für Nutztiere zu errichten. Von der in Rumelihisar gegründeten Seyyid Hacı Mustafa-Stiftung wurde täglich frisches Brot erworben und an Straßentiere verteilt.

Tierfreundschaft aus der Perspektive europäischer Reisender

Diese mitfühlende, barmherzige und beschützende Haltung gegenüber Tieren ist auch in den Memoiren europäischer Reisender wiederzufinden, die zu verschiedenen Perioden auf osmanischem Gebiet lebten oder sich auf einer Reise befanden. Der französische Reisende Jean Thevenot schreibt in Kapitel 27 seines 1655 verfassten Werkes „Türkei“ Anekdoten über die wohlwollenden, einfühlsamen Türken und ihre Tierschutzmaßnahmen nieder:

„Die Türken sind sehr wohlwollende Menschen und unabhängig von der Religionszugehörigkeit, seien es Muslime, Christen oder Juden, sind sie sehr hilfsbereit. Ihre Hilfsbereitschaft umfasst auch Tiere und sogar Vögel. Jeden Tag gehen etliche Menschen auf den Markt, um Vögel zu kaufen, um sie anschließend in den Himmel ziehen zu lassen. Sie glauben, dass die Geister dieser Vögel die Güte derer bezeugen werden, die am Jüngsten Tag Gottes gegenüber stehen.“

Lady Montagu, die Gattin eines britischen Botschafters, beschreibt in ihren Memoiren aus den Jahren 1717/1718, dass die Osmanen Tauben und Störche aus religiösen Gründen respektvoll behandelten. Darin erklärt sie auch, dass Störche unter den Vögeln einen gesonderten Platz für die Osmanen einnehmen, weil sie sogar über die islamischen Hedschas-Pilgerorte in Mekka überfliegen würden. Außerdem würden sie den Störchen ungestörten Aufenthalt auf den Straßen gewähren und Nester auf den Dächern ihrer Häuser einrichten.

Asyl-Stiftungen für verletzte Störche

Anatolien befand sich schon immer auf der Route der Zugvögel. Aus alten Fotografien und Tagebüchern geht hervor, dass Störche in den Schornsteinen der Häuser nisteten, sich frei auf den Straßen bewegen konnten und im Vergleich zu heute eine engere Beziehung zu Menschen aufbauten. Versorgung, Pflege und Fütterung der verletzten oder alten Störche, die während des Vogelzugs vom Schwarm getrennt wurden, sowie der Schutz ihrer Nester führten dazu, dass die Störche sich in Sicherheit fühlten und jedes Jahr wieder an diese Orte zurückkehrten. Die Angehörigen des Haffaflar-Marktes (Schuhmacher), den Ahmet Hasim in seinem Werk „Pflegeheim für Störche“ beschreibt, können als Beispiel für die einfühlsamen Hilfeleistungen der Osmanen für Störche herangezogen werden. Dieser Markt war nicht nur Zufluchtsort für Störche mit gebrochenen Flügeln, sondern auch für pflegebedürftige Vögel wie Krähen und Eulen. Eine weitere Stiftung, die 1889 von İbrahim Ağa in İzmir-Ödemiş gegründet wurde, hatte bestimmte Rücklagen für den Schutz von Störchen verfügt. Ebenso war die Istanbuler Eyüp Sultan Moschee ein Zufluchtsort für verletzte Störche, die von ihrem Schwarm getrennt worden waren.

Verkörperung von Barmherzigkeit: Vogelhäuschen / Vogelpaläste

Vogelhäuschen, die als Unterkünfte für Spatzen, Stieglitze, Schwalben und Tauben dienten, wurden meist in den Außenfassaden von architektonischen Bauten wie Moscheen, Gasthöfen, Medressen, Brunnenanlagen, Brücken, Palästen, Sozialeinrichtungen, Aquädukten usw. auf einer Höhe eingelassen, an die Hunde oder Katzen nicht herankommen konnten. Diese aus architektonischer und kunstgeschichtlicher Perspektive bedeutenden Gebilde, die zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert in der osmanischen Zivilisation mit der Überzeugung errichtet wurden, dass die Einrichtung eines Vogelnestes eine gute Tat und die Zerstörung eine Sünde ist, zudem der an den Tag gelegte Respekt gegenüber Tieren und der Natur, haben bis heute als Ausdruck der Barmherzigkeit überlebt. Die Stadt Istanbul ist auch für ihre Moscheen bekannt, in denen sich die schönsten Vogelhäuschen befinden. Beispielsweise sind die Vogelhäuschen an der Außenfassade der Ayazma-Moschee in Üsküdar sehenswert.

Im islamischen Glauben wird gelehrt, dass die Natur und das Tierreich dem Menschen anvertraut sind. Dieses Verständnis hat zur Gründung von Stiftungen geführt, die sich sowohl dem Dienste am Menschen als auch dem Tierschutz verschrieben haben.