(Reuters)
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Wie viele Hotel- und Hausmitglieder haben Sie in Ihrer Organisation?

Wir haben an die 100 Beherbergungsbetriebe.

Wie viele Gäste besuchen Uttendorf/Weißsee und übernachten dort jährlich? Wie viele Kunden haben Sie im Vergleich zum Vorjahr verloren?

Uttendorf Weißsee hat im Jahr 2020 rund 115.000 Nächtigungen zu verzeichnen. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von knapp 30 Prozent.

Oliver Altenberger, Obmann des Tourismusverbandes Uttendorf/Weißsee. (Oliver Altenberger)

Durch Corona-Beschränkungen wie z.B. die Schließung von Hotels hat die Tourismusbranche enorm gelitten. Denken Sie, dass man die Maßnahmen anders gestalten könnte, um die Schäden für Betroffene in Grenzen zu halten? Vor diesem Hintergrund hatten einige Tourismusländer im vergangenen Sommer am Zertifizierungsprogramm „Sicherer Tourismus“ teilgenommen und damit ihren Betrieb an die aktuellen Anforderungen angepasst.

Unsere Tourismusbetriebe haben an allen möglichen Maßnahmen gegen die Verbreitung von Covid-19 mitgewirkt und umfangreiche Präventionsmaßnahmen entwickelt. Darum ist es sehr Schade, dass die Tourismusbranche am meisten unter all den Einschränkungen leidet.In der jetzigen Situation verstehe ich nicht, dass jedes europäische Land seine eigenen Maßnahmen trifft. Zur Bekämpfung der hohen Infektionszahlen hätte ich von Anfang an gezielt auf den Schutz der älteren Personen und Personen mit Vorerkrankungen gesetzt – und nicht, dass das gesamte Land zugesperrt wird. Mit einem europaweiten einheitlichen Konzept und einer innereuropäischen Reisefreiheit wäre dem Tourismus in ganz Österreich geholfen gewesen.

Wie hat sich das Reiseverhalten der österreichischen Bevölkerungim Zuge der Corona-Krise verändert?

Die Österreicher haben in den Sommermonaten vermehrt ihren wohl verdienten Urlaub in einer unserer zahlreichen wunderschönen Gebiete in Österreich verbracht. Wir sind allerdings ein Urlaubsland, das sehr stark von ausländischen Gästen frequentiert wird und diese Lücke kann mit nur österreichischen Gästen nicht kompensiert werden.

Skiurlaub in den Alpen ist ein sehr beliebter Tourismuszweig. Was bedeutet Corona für die aktuelle Skisaison?

Die Skisaison 2020/21 existiert bis dato nicht. Einige Skigebiete haben mit verkleinertem Pistenangebot geöffnet. Da die Benutzung der Lifte im Moment nur von Einheimischen in Anspruch genommen werden kann, wird es auch die Liftbetreiber wirtschaftlich hart treffen. Alle Skigebiete waren sehr bemüht, alle vorgeschriebenen Maßnahmen der Bundesregierung umzusetzen. Die Öffnung der Skigebiete nur für Einheimische und das Verbot der Beherbergung von Gästen war ein weiterer Schlag für die gesamte Tourismusbranche. Ich hoffe, dass wir ab Anfang Februar und nach bestimmten Auflagen wieder alle Betriebe hochfahren können. Die Auswirkungen des erneuten Lockdowns sind für die gesamte Tourismusbranche noch nicht absehbar. Jetzt getätigte Investitionen werden aus Rücklagen der letzten Jahre noch durchgeführt. Ich könnte mir vorstellen, dass es in den kommenden Jahren zu weniger Investitionen in der Tourismusbranche kommt. Das hat vielreichende Auswirkungen auf viele Unternehmen, die indirekt vom Tourismus profitieren oder sogar abhängig sind. Ich rechne auch damit, dass nach Ablauf der staatlichen Hilfen und der Kurzarbeit einige Betriebe ums Überleben kämpfen werden und es nicht alle schaffen werden.

In Österreich zählen vor allem die Hotels und Ferienhäuser zu den großen Verlierern der Corona-Krise. Werden die Betroffenen während dieser Zeit ausreichend vom Staat unterstützt?

Ich denke, dass ein Ausfall einer kompletten Hauptsaison ganz und gar nicht ausreichend kompensiert werden kann. Mit der Logik, dass immer die Tourismusbetriebe als Erstes schließen müssen, sind wir nicht einverstanden. Klar müssen auch diverse Auflagen eingehalten werden, jedoch waren alle unsere Betriebe sehr vorbildlich und haben an allen Präventionsmaßnahmen teilgenommen. In der jetzigen Zeit soll man so wenig Kontakt zu anderen Personen pflegen. Was spricht dagegen, wenn jemand in Wien in einer Gemeindebauwohnung wohnt und für ein paar Tage eine einsame Hütte in den Bergen mietet, ohne mit dem Vermieter in persönlichen Kontakt zu treten?

Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Verbraucher - könnten die Reisepreise steigen?

Ich gehe davon aus, dass es zu Preisschlachten zwischen den einzelnen Anbietern kommt. Das gesamte touristische Angebot ist auf eine Gästefrequenz vor der Corona-Krise aufgebaut. Es wird einen Kampf um jeden einzelnen Gast geben. Bis die Reisefreudigkeit wieder auf Vor-Corona-Niveau kommt, wird es noch länger dauern. Ich gehe davon aus, dass wir im Winter 2021/22 in gewissen Bereichen wieder zur Normalität zurückkehren. Es werden nach Beendigung der Krise manche Tourismusbetriebe als Gewinner und andere als Verlierer hervorgehen. Ich könnte mir vorstellen, dass Hütten, Ferienhäuser, Appartements und Campingplätze hoch im Kurs sein werden und größere Betriebe, bekannt unter Bettenburgen, noch lange unter der Corona-Krise leiden werden.

Welche Veränderungen werden sich auch nach Corona noch im Tourismus zeigen?

Manche gehen davon aus, dass es das Ende des Massentourismus in den Alpen sein wird. Davon gehe ich nicht aus. Wir alle haben das Bedürfnis, wieder unser Leben leben zu dürfen, wie es vor der Corona-Krise war. Die Schwerpunkte der Touristen werden sich in den nächsten Jahren mehr auf ländliche Gebiete verlagern. Der Stadttourismus wird Jahre benötigen, um zur alten Stärke zurückzukommen. Ich gehe auch von einer Zunahme der Individualtouristen aus, die ihre Reise selber planen, den persönlichen Kontakt zum Vermieter suchen und keine Pauschalangebote buchen. Ebenfalls gehe ich davon aus, dass wieder mehr Gäste ihren Urlaub mit dem Auto antreten und auf eine Flugreise verzichten.

Vielen Dank für das Gespräch!

TRT Deutsch