Zum Wochenauftakt sind die Ölpreise heftig abgestürzt. Nach gescheiterten Verhandlungen führender Ölstaaten über eine Drosselung der Fördermenge hat es den stärksten Einbruch seit fast 30 Jahren gegeben. Zudem belastet die Coronavirus-Krise immer mehr. Am Montagmorgen büßten die Preise für Rohöl aus der Nordsee und Rohöl aus den USA jeweils mehr als ein Viertel ein.
Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 33,51 US-Dollar. Damit lag der Preis 11,76 Dollar oder knapp 26 Prozent unter dem Niveau vom Freitagabend. Der Preis für amerikanisches Rohöl der Sorte WTI sackte um 11,59 Dollar oder 28 Prozent auf 29,69 Dollar ab.
Marktbeobachter sprachen vom stärksten prozentualen Einbruch am Ölmarkt seit dem Golfkrieg 1991. Damals waren die Ölpreise nach der irakischen Invasion in Kuwait zunächst rasant gestiegen. Als sich am Ölmarkt aber keine Engpässe gezeigt hatten, waren die Notierungen schnell gefallen.
Die Ölpreise fielen mit dem Preisrutsch zu Wochenbeginn auf den tiefsten Stand seit Anfang 2016 zurück. In der Spitze rutschte der US-Ölpreis bis auf 27,34 Dollar und der für Brent-Öl auf 31,02 Dollar ab. Als Ursache für den Einbruch gelten die gescheiterten Verhandlungen des Ölkartells Opec mit den in der sogenannten Opec+ zusammengefassten Förderländern wie Russland. Am Freitag konnten sich die Verhandlungspartner der Opec+ überraschend auf keine neue Vereinbarung einigen. Selbst eine Verlängerung der bestehenden Förderbeschränkung fehlte in der Abschlusserklärung der beteiligten Staaten.
Riad und Moskau liefern sich Ölpreiskrieg
Darüber hinaus scheint der Streit zwischen Saudi-Arabien und Russland über die künftige Fördermenge weiter zu eskalieren. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf namentlich nicht genannte Insider berichtet, könnte Saudi-Arabien die Fördermenge in den kommenden Monaten erhöhen. Demnach könnte die Fördermenge des führenden Opec-Landes bis auf eine neue Rekordmarke von zwölf Millionen Barrel pro Tag erhöht werden, hieß es.
Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am Montag unter Berufung auf namentlich nicht genannte Teilnehmer der russischen Delegation bei den Verhandlungen der Opec+ in Wien berichtete, ist die Abkehr Russlands von dem Ölkartell auch als Kampfansage an die Vereinigten Staaten zu verstehen. In den vergangenen Monaten hatten demnach neue Sanktionen aus Washington für Unmut in der russischen Regierung gesorgt. Unter anderem wurde auf die im Februar verhängten Strafmaßnahmen der USA gegen eine Tochtergesellschaft der russischen Rosneft verwiesen.
Der durch die Entscheidung Moskaus ausgelöste Ölpreisverfall dürfte auch Folgen für die amerikanische Förderung durch die Fracking-Methode haben. Bei dieser Methode wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien unter hohen Druck in Gesteinsschichten gepresst, um so Öl zu gewinnen. Sie ist vergleichsweise kostspielig und rentiert sich nur bei eher hohen Preisen.
Autofahrer könnten profitieren
Nutzer von Autos können im Zuge des aktuellen Ölpreis-Crashs auf niedrigere Spritpreise hoffen. Der Mineralölwirtschaftsverband wollte zwar keine Prognose abgeben, verwies jedoch auf frühere Entwicklungen. „Wegen der hohen Markttransparenz und der starken Konkurrenz um jeden Autofahrer sind die Preise für Benzin und Diesel seit Jahresbeginn eins zu eins mit den fallenden Einkaufspreisen an den Produktmärkten gesunken“, sagte ein Sprecher am Montag der Deutschen Presse-Agentur.
Der ADAC erwartet, dass sich die gesunkenen Ölpreise mittelfristig auch an den Zapfsäulen niederschlagen werden. „Wenn die Preise an den Rohölmärkten steigen, geht das immer relativ schnell. Wenn sie sinken, schlägt sich das auch nieder - allerdings in der Regel mit Verzögerung“, sagte ein Sprecher. Wie stark der Effekt sein werde, lasse sich aber nicht abschätzen.
TRT Deutsch und Agenturen
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