Hafen in Beirut: Deutsche Firmen mit Mega-Projekt für Wiederaufbau (Archivbild: Zerstörter Hafen in Beirut) (AFP)
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Vertreter zweier deutscher Unternehmen haben in Beirut ein milliardenschweres Projekt zum Wiederaufbau des bei einer verheerenden Explosion zerstörten Hafens der libanesischen Hauptstadt vorgestellt. Der am Freitag vorgestellte Plan sieht vor, das Hafengeschehen weg vom Stadtzentrum zu verlagern und die am stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Gebiete zu reurbanisieren. Das Vorhaben setze jedoch Reformen voraus, betonten das Immobilienberatungs-Unternehmen Colliers und die Hamburg Port Consulting (HPC). Das Mega-Projekt sieht zudem die Schaffung von Stränden sowie einem großen Park inmitten restaurierter Altstadtbauten vor und soll insgesamt 50.000 Arbeitsplätze schaffen. Es handele sich um eine „Chance, eine neue Stadt zu (er)bauen“, sagte Hermann Schnell von Colliers. Als Vorbilder nannte er die sanierten Hafengelände von Kapstadt oder Bilbao. Ziel sei es, Beirut „in einen Hafen der Weltklasse“ zu verwandeln, sagte Lars Greiner von HPC . Das deutsche Projekt sieht die Einrichtung eines Treuhandfonds vor, der die Finanzierung durch die Europäische Investitionsbank und andere Investoren verwaltet. „Ein Projekt dieser Größenordnung kann nur gebaut werden, wenn es Rechenschaftspflicht und Transparenz gibt“, sagte der deutsche Botschafter in Beirut, Andreas Kindl. Auch andere internationale Unternehmen haben bereits Pläne zum Wiederaufbau des Hafens vorgelegt. In Beirut sehen einige Beobachter ein Projekt dieser Größenordnung skeptisch. "Ich sehe nicht, dass diese Vorschläge in absehbarer Zeit Realität werden", sagte der Wirtschaftswissenschaftler Dschad Tschaaban. „Wer ist heute bereit, einen Penny in ein Land zu investieren, das sich in einem totalen Zusammenbruch befindet, keine Regierung hat und seine Schulden nicht mehr bedienen kann?“ Der Libanon befindet sich seit mehr als einem Jahr in einer schweren Wirtschaftskrise. Die Währung des Landes verliert an Wert, die Inflation steigt und die Armut nimmt zu. Das Land wird derzeit von einer Übergangsregierung geführt, da sich die politischen Parteien seit Monaten nicht auf eine Koalition einigen können. Bei der Explosionskatastrophe im August 2020 waren mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen, mindestens 6500 weitere wurden verletzt und weite Teile der Stadt verwüstet. Explodiert waren rund 2750 Tonnen Ammoniumnitrat, das jahrelang ungesichert im Hafen lagerte.

AFP