04.04.2021, Niedersachsen, Hannover: Eine Stadtbahn der Hannoverschen Verkehrsbetriebe üstra fährt zwischen Feldern am Stadtrand. (dpa)
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Angesichts von Einnahmeausfällen bei Bussen und Bahnen infolge der Corona-Krise werden Forderungen nach neuen Milliardenhilfen des Bundes für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) lauter. CDU-Chef Armin Laschet sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir brauchen in der Pandemie und nach der Pandemie starke öffentliche Verkehrsmittel.“ Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) müsse dafür jetzt die Mittel freigeben. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und auch die SPD im Bundestag fordern eine weitere Milliarde Euro für dieses Jahr. Die Branche drängt auf eine rasche Verlängerung des Rettungsschirms für den ÖPNV.

Fehlende Ticketeinnahmen summieren sich auf 3,6 Milliarden Euro

Scheuer sagte der dpa: „Mit noch einmal einer Milliarde Euro können wir den umweltfreundlichen ÖPNV weiter leistungsfähig und zuverlässig am Laufen halten.“ Dies stärke das Vertrauen und mache das System insgesamt zukunftsfest. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte der dpa am Mittwoch, die Länder würden durch den dritten Lockdown verursachte Mehrkosten im ÖPNV nicht alleine stemmen können. „Der Bund muss mit bis zu einer Milliarde Euro helfen, wenn die Länder ihre Hälfte der Schäden zahlen.“ Es wäre fatal, wenn sich die Einbrüche bei den Passagierzahlen verfestigten und der ÖPNV so kaputtgespart würde.
Der Bund hatte im vergangenen Jahr 2,5 Milliarden Euro zusätzlich bereitgestellt - über die jährlichen Regionalisierungsmittel hinaus, die in diesem Jahr auf knapp 9,3 Milliarden Euro steigen. Mit dem Geld können Länder und Verkehrsverbunde Angebote bestellen. Das Bundesfinanzministerium verwies am Mittwoch darauf, dass gerade das Verfahren zur Aufstellung des Etats 2022 laufe. Der Entwurf werde im Juni vorgelegt, die Verhandlungen dazu gelte es abzuwarten.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) forderte eine rasche Anschlusslösung für dieses Jahr, da Einnahmeverluste zunehmend zu Liquiditätsengpässen führten. Die Anbieter hielten die Mobilität in Abstimmung mit Bund und Ländern in praktisch unverändertem Maße aufrecht, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Dieser gesellschaftliche Auftrag werde trotz erheblichen Fahrgastrückgangs erfüllt. So könnten systemrelevante Arbeitskräfte und alle, die auf öffentliche Mobilität angewiesen sind, ihre Wege erledigen. Wegen fehlender Ticketeinnahmen drohten der Branche in diesem Jahr Verluste von 3,6 Milliarden Euro.

„Verheerender Einfluss“
Die Länder fordern ebenfalls, den Rettungsschirm zu verlängern und um eine Milliarde Euro aufzustocken. Die Pandemie habe „verheerenden Einfluss auf den ÖPNV“, sagte die Vorsitzende der Verkehrsminister, Bremens Senatorin Maike Schaefer (Grüne), Mitte April. Viele Menschen arbeiteten im Homeoffice oder mieden öffentliche Verkehrsmittel aus Infektionsschutzgründen. Die Länder seien bereit, die Hälfte der Hilfen zu tragen. Auch bei der Bundeshilfe von 2,5 Milliarden Euro wurde vereinbart, dass die Länder den gleichen Betrag aufbringen.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet betonte, die Menschen in Städten und ländlichen Regionen müssten sich gerade in der Pandemie zuverlässig und sicher mit dem ÖPNV bewegen können. Für die Zeit danach gelte es sicherzustellen, „dass wir auch weiterhin einen leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr haben – vor allem auch für den Klimaschutz.“ Scheuer betonte, Klimaschutz beginne vor der Haustür beim Einsteigen in den Nahverkehr. Ein gutes ÖPNV-Angebot sei eines der wichtigsten Instrumente. SPD-Fraktionsvize Bartol sagte, der Nahverkehr sei das Rückgrat der Verkehrswende. „Wir brauchen keine Schrumpfung, sondern mehr und bessere Angebote und eine radikale Modernisierung, und zwar dauerhaft.“
CSU-Generalsekretär Markus Blume kritisierte grundsätzlich: „Wir könnten mit der Investitionsoffensive sofort starten, wenn Olaf Scholz bei den zähen Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium nicht immer den Bremser geben würde.“ Die Liste notwendiger Infrastruktur- und Digitalisierungsprojekte für Deutschland sei lang.

dpa