Arbeitsmarkt: Rund 3 Millionen Erwerbslose in „stiller Reserve“ / Photo: DPA (dpa)
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Millionen von nicht erwerbstätigen Männern und Frauen in Deutschland würden gern eine Arbeit aufnehmen. Diese sogenannte „stille Reserve“ bezifferte das Statistische Bundesamt am Dienstag für 2022 auf drei Millionen Personen im Alter von 15 bis 74 Jahren. Das entspricht rund 16 Prozent aller Nichterwerbspersonen. Zur stillen Reserve gehören Personen ohne Job, die zwar kurzfristig nicht für den Arbeitsmarkt verfügbar sind oder momentan nicht aktiv nach einem Job suchen, sich aber trotzdem eine berufliche Tätigkeit wünschen. Sie gelten deshalb nicht als erwerbslos.

Unternehmen klagen über Mangel an Fachkräften

Für den Standort Deutschland ist diese hohe Zahl in Zeiten des Fachkräftemangels ein Problem, da viele Unternehmen händeringend nach Mitarbeitern suchen. Im zweiten Quartal gab es einer Stellenerhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge bundesweit 1,74 Millionen offene Stellen.

In vielen Branchen wird über einen Mangel an Fachkräften geklagt. Das Problem dürfte sich Ökonomen zufolge künftig noch verschärfen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge („Baby-Boomer“) in Rente gehen.

„Die Personen, die trotz Arbeitswunsch nicht auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind, lassen sich in drei Gruppen einteilen“, erklärte das Statistikamt. Zur ersten gehören demnach Frauen und Männer, die zum Beispiel aufgrund von Betreuungspflichten kurzfristig - innerhalb von zwei Wochen - keine Arbeit aufnehmen können. Andere wiederum würden gerne arbeiten und wären auch verfügbar, suchen aber aktuell keinen Job - etwa weil sie glauben, keine passende Tätigkeit finden zu können. Außerdem werden Personen, die zwar weder eine Arbeit suchen noch kurzfristig verfügbar sind, aber dennoch einen generellen Arbeitswunsch äußern, zur stillen Reserve gezählt. Allein zur letztgenannten Gruppe werden 1,7 Millionen gezählt, zu den beiden anderen zusammen 1,3 Millionen.

Frauen stellen die Mehrheit der stillen Reserve mit einem Anteil von 56,8 Prozent. Gut ein Drittel (34,4 Prozent der 0,4 Millionen) der Frauen zwischen 25 und 59 Jahren gaben an, aufgrund von Betreuungspflichten derzeit keine Arbeit aufnehmen zu können. Bei den Männern nannten dies dagegen nur 5,6 Prozent oder knapp 40.000 als Hauptgrund für ihre Inaktivität.

Ein Großteil der stillen Reserve verfügt mindestens über ein mittleres Qualifikationsniveau: 58,1 Prozent hatten im vergangenen Jahr ein mittleres oder hohes Qualifikationsniveau, also mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung oder die Hoch-/Fachhochschulreife.

Esken: Mehr Anreize für Frauen in Jobs

In der Debatte um den Fachkräftemangel hatte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken mehr Anreize für die Erwerbstätigkeit von Frauen gefordert. Es brauche mehr Frauen, die Vollzeit arbeiteten oder in Teilzeit mehr Wochenstunden leisteten, hatte Esken Mitte August der „Rheinischen Post“ gesagt. Derzeit hätten 2,5 Millionen Frauen in Deutschland einen Teilzeitjob, so Esken. Wenn sie nur eine Stunde pro Woche mehr arbeiten würden, entspräche das 70.000 Vollzeitkräften.

TRT Deutsch und Agenturen