Israels Premierminister Benjamin Netanjahu besucht den US-Präsidenten Donald Trump in Washington.  (Reuters)
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von Ali Özkök

TRT Deutsch hat mit Yousef Alhelou gesprochen, der ein palästinensischer Journalist und Politanalyst mit Sitz in London ist. Als Doktorand fokussiert sich der Politikwissenschaftler auf die Schwerpunkte Medien und Kolonialismus.

Trump kündigte seinen neuen Nahost-Plan in Anwesenheit von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu an. Welche Konsequenzen hat dieser umstrittene Plan ihrer Meinung nach in Bezug auf den politischen Status der palästinensischen Gebiete?

Nun, der als „Deal des Jahrhunderts“ bezeichnete „Friedensplan“ der USA wird von jedem einzelnen Palästinenser - das heißt von etwa 13 bis 14 Millionen Palästinensern, sieben Millionen innerhalb der besetzten Palästinensergebiete und ungefähr sieben Millionen im Exil und in der Diaspora - kategorisch abgelehnt. Hunderte Palästinenser in Gaza und im Westjordanland gingen direkt nach der Bekanntgabe auf die Straßen, um ihren Zorn und ihre Ablehnung gegenüber dem US-Plan zu manifestieren. Zudem kamen politische Gruppen der Palästinenser zusammen, um mögliche Maßnahmen als Reaktion auf den Affront zu diskutieren.

Das Abkommen ist das Ergebnis mehrerer Kriege, des Blutvergießens und zahlreicher Komplikationen. Es ist kein Angebot des Friedens. Das israelische Mobbing und das damit einhergehende amerikanische Diktat müssen aufhören. Was dabei nicht vergessen werden sollte, ist die Tatsache, dass dieses Abkommen und die früheren Entscheidungen, die Präsident Trump im Zusammenhang mit Palästina getroffen hat, gegen das internationale Rechtssystem verstoßen. Israel und die USA müssen die Rechte der Palästinenser im historischen Palästina anerkennen.

Während bei der Bekanntgabe des Plans Netanjahu in Washington anwesend war, war kein einziger palästinensischer Vertreter vor Ort. Wie sehr oder wie wenig wurde die palästinensische Seite in die Ausarbeitung des Friedensplanes miteinbezogen?

Die palästinensische Seite wurde nicht zu den Einzelheiten des seit drei Jahren in Aussicht gestellten Abkommens konsultiert. Vergessen wir nicht, dass Washington der Palästinensischen Autonomiebehörde Sanktionen auferlegt hat, weil sie die Entscheidung von Trump, Jerusalem als ewige und ungeteilte Hauptstadt Israels anzuerkennen, abgelehnt hat.

Können Sie aufzählen, aus welchen konkreten Gründen die palästinensische Seite die US-Initiativen im Konflikt mit Israel ablehnt?

Sie werden einfach deshalb abgelehnt, weil sie zu Israels Gunsten sind und keine gerechte Lösung für die Palästinenser bieten, die seit 1948 leiden und nach Selbstbestimmung in einem anerkannten Staat streben. Sie bieten keine Lösung für Millionen von palästinensischen Flüchtlingen, die in der ganzen Welt verstreut leben müssen und auf die Rückkehr in ihre Heimat im historischen Palästina warten. Die USA erkennen Ost-Jerusalem nicht als Hauptstadt des palästinensischen Staates an. Die Karte, die von Trump selbst herausgegeben und getwittert wurde, ist eine Provokation für die Palästinenser, da diese Karte auf einen Mikro-Mini-Staat in Form von kleinen Inseln deutet, die mehr oder weniger miteinander verbunden sind. Diese Inseln sollen durch 15 Brücken und Tunnel miteinander verbunden werden. Es handelt sich hierbei einfach um eine andere Form der Besetzung.

Zudem geht daraus nicht hervor, dass die israelische Militärbesetzung beendet werden soll oder der palästinensische Staat anerkannt wird. Und auch nicht, dass man sich für das in den letzten sieben Jahrzehnten verursachte Leid entschuldigt. Der Plan umfasst eine vierjährige Übergangszeit, nach der die Palästinenser einen eigenen Mini-Staat erhalten. Dieser besitzt jedoch keinerlei Souveränität und Einfluss.

Auf welcher Basis würden die Palästinenser eine Verhandlung mit den USA über einen eigenen Staat akzeptieren?

Die Palästinenser würden einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 akzeptieren. Dieser basiert auf der Grundlage der UN-Resolution 181, die den von der UN-Generalversammlung im November 1947 festgelegten Plan für Palästina definiert

Die USA planen, bis zu 50 Milliarden US-Dollar in die palästinensische Wirtschaft zu investieren, sollte die palästinensische Seite Trumps Plan akzeptieren. Wie geht das politische Establishment in Palästina mit dem Angebot um?

Kein Zweifel, dass die Palästinenser auf finanzielle Unterstützung aus dem Westen und einigen reichen arabischen Golfstaaten angewiesen sind. Sie sind hier die schwächere Seite, und Trump erwartet, dass sie annehmen, was am Verhandlungstisch angeboten wird. Dies könnte dazu führen, dass die Palästinenser unter Druck gesetzt und erpresst werden, damit sie mehr Zugeständnisse und Kompromisse machen.

Fakt ist aber, die Palästinensische Autonomiebehörde hatte bereits ein US-amerikanisches Angebot für einen 50 Milliarden US-Dollar schweren Plan zur wirtschaftlichen Wiederbelebung während eines Workshops in Bahrain im vergangenen Juni abgelehnt. Das hätte zwar die Wirtschaft der Palästinenser und der benachbarten arabischen Staaten angekurbelt, aber die Palästinenser werden nicht der wirtschaftlichen Erpressung erliegen. Das Problem ist ein politisches.

Die palästinensische Sache ist für viele zu einer Last geworden, aber es liegt an den Palästinensern, über ihr Schicksal und den nächsten Schritt zu entscheiden.
Netanjahu steht innenpolitisch unter Druck. Seine Immunität ist gefährdet.

Inwieweit kann der Nahost-Plan von Trump als willkommene Gelegenheit bewertet werden, um sich in den Augen der israelischen Gesellschaft erneut als legitimer politischer Führer zu etablieren?

Trump hat Netanjahu viele Geschenke gemacht, vor allem im Dezember 2017, als er Jerusalem zur ewigen und ungeteilten Hauptstadt Israels erklärte sowie die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegte. Und als er der Palästinensischen Autonomiebehörde und der UNRWA - der UN-Agentur, die Millionen von palästinensischen Flüchtlingen betreut - jegliche finanzielle Unterstützung entzog.

Trumps Treffen mit Netanjahu und die großzügigen Angebote sind eine Fortsetzung der gegenseitigen Hilfe. Sie sehen sich als Freunde in Not, denn Trump und Netanjahu sitzen im selben Boot. Ersterer steht vor einem Amtsenthebungsverfahren, während letzterer in drei Fällen wegen Korruption, Betrug und Vertrauensbruch sowie in einem Fall wegen Bestechung angeklagt ist - da er sein Bestes tut, um Immunität zu erlangen.

Vielen Dank für das Gespräch!

TRT Deutsch