Eine Flagge Chinas weht im Wind.  (dpa)
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Chinas Führung will für Hongkong und Macao Gesetze zur Abwehr ausländischer Sanktionen erlassen. Der Ständige Ausschuss des Volkskongresses diskutierte in Peking jeweils Ergänzungen der Anhänge der Grundgesetze für die beiden chinesischen Sonderverwaltungsregionen. Eine Entscheidung wird für Freitag erwartet, wie Hongkonger Medien am Mittwoch berichteten.
Das Vorhaben sorgt für Unruhe unter internationalen Unternehmen und Finanzinstitutionen, die befürchten, in den Streitigkeiten Chinas mit den USA und Europa zwischen die politischen Fronten zu geraten. Auch herrscht Sorge, dass der besondere Status Hongkongs als freie asiatische Wirtschaft- und Finanzmetropole gefährdet werden könnte.

Gouverneurin klagt „stapelweise Bargeld zu Hause“
Experten sehen in dem Gesetz ein Instrument zur Abschreckung, um die USA oder Europa von der Verhängung weiterer Sanktionen abzuhalten. Wegen der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong und des Umgangs mit der muslimischen Minderheit der Uiguren in Xinjiang in Nordwestchina hatten die USA und die EU verschiedene Sanktionen gegen Verantwortliche in Hongkong und in China erlassen.
Vor einem Jahr verhängte Sanktionen der USA betreffen unter anderen die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam, den Direktor des Pekinger Verbindungsbüros, Luo Huining, sowie mehrere Minister und früheren Polizeichef. Im November beklagte die Regierungschefin, sie habe „stapelweise Bargeld“ zuhause herumliegen, weil sie wegen der Sanktionen kein Bankkonto mehr führen könne.
Im Juni hatte der Volkskongress ein solches Gesetz gegen ausländische Sanktionen schon für die Volksrepublik verabschiedet. Es verbietet Unternehmen und Individuen, Sanktionen gegen chinesische Unternehmen umzusetzen, und fordert vielmehr Kooperation mit dem chinesischen Regime bei dessen Bemühungen zur Gegenwehr. Andernfalls drohen Strafmaßnahmen für Unternehmen, Manager und Familienmitglieder wie das Einfrieren von Konten, die Rücknahme von Visa und Ausweisung. Betroffene Unternehmen in China könnten auch ausländische Unternehmen auf Schadenersatz verklagen. Unklar ist noch, wie schnell das nicht frei gewählte Parlament Hongkongs das Gesetz an die örtlichen Gegebenheiten anpassen wird. Da der Text sehr vage gehalten ist, hängt am Ende auch viel von der konkreten Umsetzung ab, wie Experten hervorheben. Doch sehen sich ausländische Firmen und Banken damit in einer Zwickmühle.
„Ein Land - zwei Systeme“ de facto Makulatur
Nach dem umstrittenen Sicherheitsgesetz, auf dessen Grundlage die Behörden massiv gegen Kritiker in Hongkong vorgehen, und der Wahlrechtsreform, die als „unpatriotisch“ betrachtete Oppositionelle ausschließt, stellt der nunmehrige Vorstoß ein weiteres Gesetzesvorhaben dar, mit dem Peking seinen Einfluss ausweitet.
Die US-Regierung warnte multinationale Unternehmen schon im Juli vor neuen Gefahren in Hongkong. Es war von „operationellen, finanziellen, rechtlichen und rufschädigenden Risiken“ durch das Sicherheitsgesetz und andere legislative Veränderungen die Rede. Chinas Führung und die loyal ergebene Hongkonger Regierung „untergraben das rechtliche und regulatorische Umfeld, das wichtig für Individuen und Unternehmen ist, um frei und mit Rechtssicherheit in Hongkong zu operieren“.
Seit der Rückgabe 1997 an China soll die ehemalige britische Kronkolonie eigentlich autonom verwaltet werden und weitgehende Freiheitsrechte genießen. Nachdem die Metropole aber anhaltende Demonstrationen mit Rufen nach mehr Demokratie erlebt hatte, verstärkte Peking seinen Griff über die Sonderverwaltungsregion.
Viele Kritiker stehen vor Gericht oder sitzen bereits in Haft. Andere haben Hongkong verlassen. In den zwölf Monaten seit Erlass des Sicherheitsgesetzes ist Hongkongs Bevölkerung schon um 90.000 Menschen geschrumpft. Oppositionsgruppen oder auch die Gewerkschaft der Lehrer haben sich aus Angst vor Strafverfolgung aufgelöst. Galt früher der Autonomie-Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“, wird Hongkong heute immer weiter an die kommunistische Volksrepublik angepasst, so dass Kritiker auch nur noch „ein System“ sehen.

dpa