24.05.2021, Berlin: „Freiheit für Raman Pratasevich“ (belarussische Schreibweise von Roman Protassewitsch) steht vor der Botschaft von Belarus in Berlin an einem Protestwagen. (dpa)
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Einen Tag nach der erzwungenen Landung einer Passagiermaschine in Minsk haben die belarussischen Behörden die Festnahme des Bloggers Roman Protassewitsch bestätigt. Dieser sei in Untersuchungshaft genommen worden, teilte das Innenministerium am Montagabend im Nachrichtenkanal Telegram mit. Der 26-Jährige war am Sonntag am Minsker Flughafen in Haft genommen worden. Zugleich wies das Innenministerium Berichte in sozialen Netzwerken zurück, wonach der Journalist im Krankenhaus liege. Der Haftanstalt lägen keine Informationen über gesundheitliche Beschwerden vor.

„Bombendrohung“ als Vorwand?
Mehr als 24 Stunden hatte die autoritäre Führung des Landes keine Angaben zum Verbleib des Oppositionsaktivisten gemacht. Vor seiner Festnahme war das Ryanair-Flugzeug mit Protassewitsch an Bord auf dem Weg von Athen nach Vilnius zur Landung gezwungen worden. Dabei stieg nach Angaben des Militärs in Minsk auch ein Kampfjet vom Typ MiG-29 auf. Die Behörden hatten von einer angeblichen Bombendrohung gesprochen.
Mehrere Passagiere des Flugs bestätigten Medien in Litauen nach der Landung die Festnahme des jungen Mannes. Protassewitsch, der in seiner Heimat unter anderem wegen Anstiftung zu Protesten gegen Machthaber Alexander Lukaschenko zur Fahndung ausgeschrieben war, hatte im Exil in Litauen gelebt. Ihm drohen nun viele Jahre Haft.
Die EU verurteilte das Vorgehen von Belarus geschlossen und forderte Protassewitschs Freilassung. Amnesty International sprach von einem „offensichtlichen Akt der Luftpiraterie“. Es bestehe kein Zweifel, dass die Maschine zur Landung gezwungen worden sei „mit dem offensichtlichen alleinigen Ziel, einen im Exil lebenden kritischen Journalisten festzuhalten, den sie unbedingt zum Schweigen bringen wollten“. Der Fall klinge nach einer Hollywood-Idee, sei aber keine.

Nachrichtenkanal als „extremistisch“ eingestuft
Wegen der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus hatte die EU im vergangenen Jahr bereits Sanktionen etwa gegen Machthaber Lukaschenko verhängt. Die EU sieht ihn nicht als Präsidenten an. Der 66-Jährige hatte sich bei der Präsidentenwahl im vergangenen August mit 80,1 Prozent der Stimmen im Amt bestätigen lassen. Danach gab es in dem zwischen Russland und Polen gelegenen Land Massenproteste, die gewaltsam unterdrückt wurden. Nach der erzwungenen Flugzeuglandung beraten die EU-Staaten über weitere Sanktionen, der Vorfall war am Montagabend Thema bei einem EU-Gipfel.
Protassewitsch gehört zu den Mitbegründern des regierungskritischen Nachrichtenkanals Nexta. Die Behörden in Belarus stufen Nexta als extremistisch ein. Der Kanal hatte im vergangenen Jahr nach der Wahl immer wieder zu den Massenprotesten gegen Lukaschenko aufgerufen.

dpa