15.08.2022, Berlin: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, informiert zur Gasumlage. (dpa)
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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht sich wegen der Gasumlage weiterhin scharfer Kritik auch aus den Reihen der Ampelkoalition ausgesetzt. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil warf Habeck am Wochenende „handwerkliche Fehler“ bei der Konstruktion der Gasumlage vor. „Es kann nicht sein, dass Unternehmen, die in der Krise Milliarden verdient haben, noch Milliarden an Steuergeld kassieren“, sagte Klingbeil dem Portal „Zeit Online“.

Für ihn seien die Kriterien dafür, wann ein Unternehmen Geld aus der Umlage bekommt, bislang nicht nachvollziehbar, fügte der SPD-Chef hinzu. Habeck habe zweifelsohne einen interessanten Kommunikationsstil, "und natürlich merken wir, dass das in der Öffentlichkeit gut ankommt", sagte Klingbeil. Zugleich mahnte er aber: „Am Ende zählen in der Politik nicht nur schöne Worte.“
Klingbeil sagte weiter, es sei nun „wichtig, dass wir die handwerklichen Fehler, die bei der Gasumlage passiert sind, gemeinsam ausräumen". Ähnlich kritisch äußerte sich SPD-Bundestagsfraktionsvize Dirk Wiese. „Das Prinzip Habeck geht so: Auftritte filmreif, handwerkliche Umsetzung bedenklich und am Ende zahlt der Bürger drauf“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Profit bei ausbleibenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten

Die Gasumlage soll Firmen entlasten, die wegen gedrosselter Lieferungen aus Russland anderswo teuer Gas einkaufen müssen, um ihre Verträge zu erfüllen. Dies soll Firmenpleiten und Lieferausfälle verhindern. Privathaushalte und Unternehmen sollen die Umlage von gut 2,4 Cent pro Kilowattstunde ab Oktober zahlen, wobei die Mehrwertsteuer auf den Gasverbrauch auf sieben Prozent sinken soll.
Nach den derzeitigen Regelungen würden von der Umlage aber auch Unternehmen profitieren, die nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind oder mit anderen Geschäftsfeldern sogar hohe Gewinne machen. Dies löste bereits zuvor massive Kritik auch innerhalb der rot-grün-gelben Ampelkoalition aus. Habeck will seine bisherigen Pläne für die Umlage daher noch einmal überprüfen.
Der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, forderte, die Gasumlage auf Unternehmen in Schieflage zu beschränken. Er schlug dafür in der „Rheinischen Post“ ein gestuftes Prüfverfahren vor. Kritik vonseiten der Parteikollegen
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter forderte, die Gasumlage ganz fallen zu lassen. 2Die einfachere Lösung wäre zu sagen, wir geben die Gasumlage auf, wir geben die Mehrwertsteuersenkung auf und helfen den betroffenen Betrieben direkt“, sagte er dem RND.
Grünen-Bundeschef Omid Nouripour kündigte Verbesserungen an. „Es ist richtig, dass nachgebessert werden muss. Das weiß auch Robert Habeck“, sagte er am Sonntag im ARD-Sommerinterview. Zugleich nahm er den Minister gegen Kritik in Schutz. Die Umlage hätten innerhalb der Ampel-Koalition „alle zusammen“ beschlossen. Er wundere sich jetzt über „so manche Äußerung“ von Menschen, „die die Vorlage vielleicht hätten lesen sollen, bevor sie dem zustimmen“.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach im Bayerischen Rundfunk von „Umlageabzocke“. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte im ZDF in der aktuellen Krise vor „erheblichen Verwerfungen“. Gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ bezeichnete er die Ampelkoalition als „zunehmend überfordert“. Gerade die Grünen machten "im politischen Handwerk keine gute Figur", sagte er unter Verweis auf Habeck und die Umlage.
Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) warf Habeck in der „Rheinischen Post“ „Ahnungslosigkeit und Naivität“ sowie „handwerklichen Pfusch“ vor. Auch er nannte die Ampelkoalition „komplett überfordert“.
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält derweil Nachbesserungen an der Gasumlage für möglich. Die Politik müsse „die Kriterien zur Inanspruchnahme der Ausgleichszahlungen nachschärfen“, sagten die IW-Energieexperten Andreas Fischer und Malte Küper dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Chefin des Dachverbands der Energiewirtschaft, Kerstin Andreae, sagt dem Redaktionsnetzwerk, der beste Weg wäre eine Stützung der Gasimportunternehmen aus Bundesmitteln oder über Kreditabsicherungen gewesen. Die Bundesregierung habe aber den Weg der Umlage gewählt, was die Lasten breiter verteile.

AFP