Ukraine-Krise: Kiew wirft Berlin eine Blockade von Waffenlieferungen vor (dpa)
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Die Ukraine hat Deutschland vor dem Hintergrund der Spannungen mit Russland fehlende Unterstützung und eine Blockade von Waffenlieferungen vorgeworfen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in einem Zeitungsinterview davon, dass Berlin „uns kürzlich daran gehindert hat, im Rahmen der Nato-Zusammenarbeit Lieferungen von Waffensystemen zur Verteidigung zu erhalten“. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verwies hingegen auf „das Gebot der Deeskalation“ und betonte zugleich die Solidarität mit der Ukraine.

Kiew fürchtet einen Angriff Moskaus auf die Ukraine

„Deutschland hat uns kürzlich daran gehindert, im Rahmen der Nato-Zusammenarbeit Lieferungen von Waffensystemen zur Verteidigung zu erhalten“, sagte der ukrainische Staatschef der italienischen Zeitung „La Repubblica“. „Jeder demokratische Staat, der sich gegen eine Aggression schützt, muss das Recht haben, diese Art von Defensivwaffen zu erwerben.“ In „einigen Hauptstädten“ herrsche jedoch immer noch Angst, fügte er offenbar mit Blick auf Berlin zu. Kiew hatte im November erklärt, dass es angesichts der von ihm behaupteten „Aggression“ Russlands zusätzliche Verteidigungswaffen vom Westen erwerben wolle. Wegen des russischen Truppenaufmarsches an der ukrainischen Grenze fürchten Kiew und westliche Staaten einen Angriff Moskaus auf die Ukraine. Aus Angst vor einer Eskalation des Konflikts in der Ostukraine hatte der Westen allerdings lange gezögert, Waffen an Kiew zu verkaufen. Schließlich gelang es der ukrainischen Regierung, einige Verteidigungssysteme zu erwerben, darunter Vorrichtungen für US-Panzerabwehrraketen und türkische Drohnen. Bislang hätten die Bemühungen des Westens zur Abschreckung noch keine Ergebnisse gebracht, sagte Selenskyj weiter. Trotz Verhandlungen zwischen Moskau und Washington sei die Zahl der russischen Soldaten und der Militärausrüstung an der Grenze nicht verringert worden.

USA droht bei Angriff mit Sanktionen

Vergangene Woche hatten US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin über die Situation in der Ukraine gesprochen. Biden drohte im Falle eines Angriffs mit Wirtschaftssanktionen, Putin fordert seinerseits Garantien der Nato bezüglich der Sicherheit Russlands. Am Dienstag rief der Kreml-Chef die Nato und die USA erneut zu „sofortigen“ Verhandlungen über Sicherheitsgarantien auf. Eine Osterweiterung des Militärbündnisses sowie die Stationierung von Waffensystemen in der Ukraine und anderen Nachbarstaaten Russlands müssten ausgeschlossen werden, betonte Putin nach Angaben des Kremls. Außenministerin Baerbock unterstrich angesichts der Vorwürfe aus der Ukraine die Solidarität Deutschlands und der EU mit dem Land. Ein „aggressives Agieren Russlands“ gegenüber der Ukraine hätte „massive wirtschaftliche und diplomatische Konsequenzen“, sagte Baerbock bei einem Besuch in Stockholm.

Deeskalation jetzt das Allerwichtigste

In einem Telefonat mit dem ukrainischen Außenminister Sergej Lawrow am Montag habe sie jedoch auch „deutlich gemacht, dass das Gebot der Deeskalation jetzt das Allerwichtigste ist, gerade auch zur Sicherheit der Ukraine“. Sie werbe deshalb „eindringlich“ für eine Rückkehr zu Verhandlungen im Rahmen des Normandie-Formats, sagte Baerbock. In dem Telefonat mit Lawrow warnte Baerbock die russische Regierung vor einer Invasion der Ukraine. Die „territoriale Integrität der Ukraine darf nicht verletzt werden“, schrieb das Auswärtige Amt nach dem Gespräch im Kurzbotschaftendienst Twitter. Lawrow forderte nach russischen Angaben in dem Telefonat Baerbock verbindliche Zusagen ein, „die Nato nicht nach Osten auszudehnen“. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow äußerte am Dienstag die Hoffnung auf einen Kurswechsel der deutschen Politik. Die Haltung der alten Bundesregierung habe „darin bestanden, Russland nicht zu provozieren“, sagte er bei einem Besuch in Stockholm. „Ich hoffe, dass die neue Bundesregierung diese Position ändern wird, und ihre neue Position nicht nur darin besteht, Russland nicht zu provozieren, sondern (die Ukraine) zu unterstützen und zu verteidigen“, sagte der ukrainische Verteidigungsminister.

AFP