17.06.2022, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), aufgenommen bei einem Interview (dpa)
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Aussöhnungspolitik seiner Vorgängerin Angela Merkel (CDU) mit Russland im Grundsatz verteidigt. „Der Versuch einer Aussöhnung kann nie falsch sein und der Versuch, friedlich miteinander zurechtzukommen, auch nicht“, sagte Scholz in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Da sehe ich mich eng an der Seite meiner Vorgängerin.“

Energieversorgung zu sehr auf Russland konzentriert

Ganz anders bewertete der SPD-Politiker allerdings die Energiepolitik gegenüber Russland in den letzten Jahren. „Ein Fehler der deutschen Wirtschaftspolitik war es aber, dass wir unsere Energieversorgung zu sehr auf Russland konzentriert haben, ohne die nötige Infrastruktur zu bauen, dass wir im Falle eines Falles schnell umsteuern können“, sagte er. Er selbst habe sich als Hamburger Bürgermeister allerdings dafür eingesetzt, an der norddeutschen Küste Flüssiggas-Terminals zu bauen. „Nun müssen wir das rasch nachholen.“ Auf die Frage, ob das heiße, dass er keine Fehler in der Russland-Politik gemacht habe, Merkel aber schon, sagte Scholz: „Das ist eine unzulässige Verkürzung meiner Antwort. Mit der früheren Bundeskanzlerin habe ich immer gut zusammengearbeitet, und ich sehe keinen Anlass, das im Nachhinein infrage zu stellen.“

Merkel: „Habe nicht an Wandel durch Handel geglaubt“

Merkel hatte vor einer Woche in einem ersten Interview nach der Amtsübergabe an Scholz ihre viel kritisierte Russland-Politik verteidigt und eine Entschuldigung abgelehnt. In einem am Samstag veröffentlichten Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland bekräftigte sie diese Haltung - auch was die Energiepolitik angeht. „Ich habe nicht an Wandel durch Handel geglaubt, aber an Verbindung durch Handel, und zwar mit der zweitgrößten Atommacht der Welt“, sagte sie. Scholz verteidigte auch die Entscheidung Merkels, sich 2008 gegen einen NATO-Beitrittsprozess für die Ukraine gestellt zu haben. „Die Kriterien für einen Beitritt zur NATO müssen von jedem Staat, der dem Bündnis beitreten möchte, erfüllt werden. Ein Beitritt der Ukraine zur NATO stand nicht an“, sagte Scholz. „Das wusste jeder, im Übrigen auch der russische Präsident (Wladimir Putin). Umso absurder ist es, dass Putin seinen Überfall auf die Ukraine unter anderem damit begründet hat, irgendwann könnte die Ukraine irgendwie plötzlich doch dort landen.“ Dabei sei klar gewesen, dass das auf absehbare Zeit überhaupt kein Thema sein würde.

dpa