Archivbild. 10.06.2021, Hessen, Wiesbaden: Peter Beuth (CDU), hessischer Innenminister, tritt nach dem Bekanntwerden von neuerlichen Rechtsextremismus-Vorwürfen gegen die hessische Polizei vor die Presse. (dpa)
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Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) hat nach Bekanntwerden rechtsextremer Polizistenchats Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. „Ich handle verantwortlich, indem ich auf eine konsequente Ahndung innerhalb der Polizei bestehe“ sagte Beuth am Donnerstag im hessischen Landtag. „Ich arbeite mit vollem Einsatz daran, dass die Strukturen innerhalb der Polizei widerstandsfähig gegen Ressentiments sind.“ Dieser Verantwortung komme er bereits seit dem ersten Bekanntwerden rechtsextremer Polizistenchats Ende 2018 nach.

Chats als „Beifang“ zu Kinderporno-Ermittlungen
Für die Auflösung des Spezialeinsatzkommandos (SEK) in Frankfurt am Main gebe es breiten Zuspruch, sagte Beuth. In vier Wochen werde die von ihm einberufene unabhängige Expertenkommission der hessischen Polizei Ergebnisse präsentieren. Die Polizei müsse konsequent dafür arbeiten, dass sie das uneingeschränkte Vertrauen der Bürger genießen könne.
SPD und Linke bekräftigten in der aktuellen Stunde im Landtag ihre Rücktrittsforderungen gegenüber Beuth. Der Innenminister sei Teil des Problems, sagte Linken-Fraktionschefin Janine Wissler. Die Chats seien nur zufällig entdeckt worden, weil die Staatsanwaltschaft Mainz bei Ermittlungen gegen einen Polizisten wegen des Besitz von Kinderpornografie darauf gestoßen sei. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Günter Rudolph, warf Beuth eine „Salamitaktik“ vor.
Auch FDP und AfD kritisierten Beuth. Er kläre seit Jahren nur defensiv auf, sagte der FDP-Abgeordnete Stefan Müller. AfD-Fraktionsvize Klaus Herrmann warf dem Innenminister dagegen vor, mit der Auflösung des Frankfurter SEK „unverhältnismäßig“ zu reagieren. 56 Polizeibeamte in sieben rechtsextremen Chats
Vor rund einer Woche hatte die Staatsanwaltschaft Frankfurt Ermittlungen gegen 20 hessische Polizisten öffentlich gemacht. Ihnen wird unter anderem das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen. Bei den Beschuldigten handelt es sich den Angaben zufolge um einen ehemaligen Polizisten und 19 aktive Beamte, denen das Führen der Dienstgeschäfte verboten wurde. Unter den Verdächtigen sind überwiegend Beamte des Frankfurter SEK.
Beuth kündigte als Reaktion darauf vergangene Woche an, das Frankfurter SEK aufzulösen und neu aufzubauen. In einer Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag am Dienstag wurden noch größere Dimensionen des Falls bekannt. Beuth erklärte, dass sich insgesamt 56 Polizeibeamte in sieben rechtsextremen Chatgruppen ausgetauscht hätten. Von diesen seien 49 aktive Polizeibeamte in Hessen. In den Chats seien Frankfurter SEK-Beamte, Polizisten mehrerer Präsidien, aus dem Landeskriminalamt, der Bereitschaftspolizei und dem Landespolizeipräsidium Mitglieder gewesen.
13 der beschuldigten SEK-Polizisten seien am Tatabend des rassistischen Anschlags von Hanau in der Stadt im Dienst gewesen. Gegen 24 Beamte werde weder disziplinar- noch strafrechtlich ermittelt.

AFP