Uniper-Kraftwerk Datteln (dpa)
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Der erste Block eines Kohlekraftwerks soll nach der Einigung von Bund und Ländern bereits in diesem Jahr vom Netz gehen. Das kündigte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) in Berlin an. Wirtschaftsminister Peter Altmaier sprach von einer „guten Einigung für den Klimaschutz, die deutlich macht, dass wir es ernst meinen“.

Bundesregierung, Länder und Betreiber haben einen genauen Fahrplan für den Kohleausstieg verabredet. Für das vorzeitige Abschalten von Kraftwerken bekommen Betreiber Entschädigungen von insgesamt 4,35 Milliarden Euro, wie Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte. Eine wesentliche Summe dürfte an RWE gehen. Betreiber für westdeutsche Kraftwerke bekommen laut Scholz 2,6 Milliarden Euro, Betreiber für Anlagen im Osten 1,75 Milliarden.

Vorausgegangen war ein Spitzentreffen von Bundesregierung und den vier Kohleländern, das bis zum frühen Morgen dauerte. Die Bundesregierung und die vier Kohleländer hatten einen Durchbruch erzielt. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, acht „sehr alte und dreckige“ Kraftwerksblöcke sollten nun schnell vom Netz, der erste schon Ende des Jahres. „Der Kohleausstieg beginnt sofort, er ist verbindlich“, sagte sie. Alle acht werden von RWE im Rheinland betrieben, als erstes Abschaltdatum ist der 31.12.2020 genannt.

Zu dem Gesamtpaket zählt, dass das neue und umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen des Betreibers Uniper ans Netz gehen soll. Die Politik werde die Inbetriebnahme nicht verhindern, sagte Altmaier. Dies habe auch mit der komplexen Systematik von Entschädigungsleistungen zu tun. Vor allem Umweltverbände hatten die Inbetriebnahme eines neuen Steinkohlekraftwerks bereits scharf kritisiert, weil es angesichts der Klimakrise ein völlig falsches Signal setze. Das Braunkohlekraftwerk Schkopau in Sachsen-Anhalt soll bis 2034 laufen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte befürchtet, dass Schkopau zugunsten von Datteln früher vom Netz muss, im Gespräch war das Jahr 2026. Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in Brandenburg soll bis Ende 2028 vom Netz gehen. Deutschland soll bis spätestens 2038 aus der klimaschädlichen Stromgewinnung aus Stein- und Braunkohle aussteigen. Das hatte eine Kommission aus Politik, Wirtschaft und Klimaschützern vor einem Jahr entschieden. Die Kohleregionen sollen parallel insgesamt 40 Milliarden Euro für den Umbau ihrer Wirtschaft bekommen. Vor dem Spitzentreffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten die Ministerpräsidenten der Kohleländer Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen auf verbindliche Zusagen für die Strukturhilfen gepocht - nun wurde ihnen eine Bund-Länder-Vereinbarung bis Mai zugesagt. Noch im Januar will das Bundeskabinett den Gesetzentwurf für den Kohleausstieg auf den Weg bringen. Das Gesetz soll bis Mitte des Jahres verabschiedet sein. An dieses Gesetz sind die Strukturhilfen gekoppelt. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte zum Kohleausstieg: „Deutschland hat sich etwas Großes vorgenommen. Ich bin sicher, dass wir das auch hinkriegen.“ Umweltministerin Svenja Schulze sprach von harten Verhandlungen. Aus ihrer Sicht haben sie aber zu lange gedauert, wie sie sagte. Sie fügte aber an: „Wir sind das erste Land, das endlich aus Atom und Kohle aussteigt.“ Schulze sagte, nun sei ein massiver Ausbau der Energien aus Wind und Sonne notwendig, damit dies wirklich gelinge. Das letzte Atomkraftwerk soll Ende 2022 abgeschaltet werden. Das Gesamtpaket sieht vor, dass in den Jahren 2026 und 2029 im großen Stil überprüft werden soll, wie es mit dem Kohleausstieg läuft. Eine Frage soll dabei auch sein, ob Stilllegungs-Daten nach 2030 um je drei Jahre vorgezogen werden können - damit vielleicht doch schon 2035 komplett Schluss ist.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich zufrieden mit der Einigung von Bund und Ländern zum Kohleausstieg gezeigt. Bei dem Spitzentreffen im Kanzleramt habe man sich auf „etwas Vernünftiges geeinigt“, sagte Kretschmer im MDR. Kretschmer hob hervor, dass sich die Bundesregierung klar dazu bekannt habe, das Anpassungsgeld für Kohle-Beschäftigte auf den Weg zu bringen, die ihren Job verlieren. „Eigentliches Ziel muss es aber sein, dass neue Arbeitsplätze entstehen“, sagte Kretschmer. Mit dem Anpassungsgeld können Betroffene die Zeit bis zum frühzeitigen Renteneintritt überbrücken. Auch für das Braunkohle-Kraftwerk Schkopau in Sachsen-Anhalt gebe es eine Lösung, die die verschiedenen Interessen in einen Ausgleich bringe, sagte der Ministerpräsident, ohne Details zu nennen. Zudem habe man sich darauf verständigt, dass an den aktuellen Standorten von Kohlekraftwerken künftig auch Gaskraftwerke betrieben werden könnten.

dpa