21.02.2022, Hamburg: Klimaaktivisten der Aktion „Aufstand der letzten Generation“ blockieren am Morgen eine Kreuzung am Zollamt Waltershof zur Köhlbrandbrücke und zur Autobahn A7. (dpa)
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Mit ihren Straßenblockaden stoßen Klimaschützer zunehmend auch bei führenden Grünen-Politikern auf Unverständnis. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) teilte am Montag in Berlin mit: „Total egal, wer was will, eine Demokratie lässt sich nicht erpressen.“ Er ergänzte: „Ich rate dazu, sich wieder darauf zu besinnen, um was es eigentlich geht, sicher nicht darum, denen Steilvorlagen zu geben, die möglichst wenig Klimaschutz wollen.“ Klimaschutz sei dringlich und notwendig. „Und genau deshalb habe ich eigentlich überhaupt keine Lust, dass gerade ganz wenige mit Lärm dazu beitragen, Mehrheiten für den Klimaschutz zu gefährden.“
Radikale Gruppen wollen „Lebensmittelrettungsgesetz“ erzwingen

Auch Grünen-Chef Omid Nouripour wies die Protest-Methoden der Aktivisten zurück. „Wir sind die Klimaschutz-Partei, und wir sind froh um jede Art der Proteste, die friedlich verlaufen und gewaltfrei verlaufen und auch niemanden bedrohen. Das ist immer Rückenwind für uns und unsere Arbeit und unsere Politik“, sagte Nouripour am Montag in Berlin. Ihm fehle aber das Verständnis für die Methodik. „In dem Augenblick, in dem kritische Infrastruktur angegangen wird, in dem Menschen bedroht werden und in dem Ultimaten ausgesprochen werden, hat das mit Demokratie nicht mehr viel zu tun“, erklärte Nouripour.
Die Gruppe „Aufstand der letzten Generation“ hatte immer wieder Autobahnausfahrten, vor allem in Berlin, aber auch in Hamburg und München blockiert. Am Montagmorgen war die Köhlbrandbrücke in Hamburg wegen einer ihrer Aktionen zwischenzeitlich gesperrt. Demonstranten hatten sich an der Straße festgeklebt. Am Montagabend musste die Brücke erneut gesperrt werden, weil sich dreizehn Aktivisten trotz ausgesprochener Platzverweise auf ihr festklebten. In Stuttgart legten die Aktivisten eine Hauptverkehrsader lahm und in Freiburg die Einfahrt eines Tunnels.
Die Gruppe will sich nach eigenen Angaben mit den Aktionen unter anderem gegen Lebensmittelverschwendung und für mehr Klimaschutz einsetzen. Am Wochenende hatte sie eine Ausweitung der Aktionen auf Häfen und Flughäfen angekündigt, falls es bis zum Sonntagabend keine konkreten Zusagen der rot-grün-gelben Bundesregierung zur Umsetzung eines Lebensmittelrettungsgesetzes geben sollte. Konsequenzen für Demonstranten gefordert
CDU und AfD forderten Konsequenzen für die Demonstranten nach den Blockaden. Die Bürger müssten „vor den Auswirkungen derartiger rechtswidriger Blockaden geschützt und die Taten strafrechtlich geahndet werden“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), der „Welt“. AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla sagte: „Vergehen sind konsequent zu ahnden.“ Der rechtspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Günter Krings (CDU), teilte am Montag mit: „Straßenblockaden gefährden Menschenleben, Blockierer müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Der Chef der Innenministerkonferenz (IMK), Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann, kündigte an, das Thema bei den kommenden IMK-Sitzungen ansprechen zu wollen. „Derartige Blockadeaktionen sind durch das Versammlungsrecht nicht gedeckt. Das sind Straftaten und nicht selten Aktionen, die andere gefährden können“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Montag, Print Dienstag).
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete und frühere Bundesagrarministerin Renate Künast schrieb auf Twitter, das Vorgehen der Klimaaktivisten habe etwas „Tragisches“. „Es läuft in eine Sackgasse und verschiebt den Fokus weg vom Anliegen - hin zur Frage, was ist noch legitim und was wird nur als Straftat wahrgenommen.“

dpa